Overthinking – warum deine ständige Grübelei Fluch und Segen ist | Selbstmanagement

Die zehn extra Minuten nach dem Snooze-Button hättest du dir sparen können. Wärst du direkt aufgestanden, müsstest du dich jetzt nicht so abhetzen. Hättest den früheren Zug erwischen können. Früher auf der Arbeit sein können, um X und Y zu erledigen. Dann hättest du sogar Zeit gehabt, um noch Thema Z dazwischen zu schieben, jetzt lässt du die Person hängen.

Dieser Gedankengang spielt sich in dieser oder ähnlicher Form jeden einzelnen Morgen innerhalb der ersten 30 Minuten nach dem (tatsächlichen) Aufwachen in meinem Kopf ab. Gerne auch nachdem ich auf Snooze gedrückt habe und diese ach so fatalen zehn Minuten extra eigentlich zum Ausruhen nutzen wollte. Und so rattert es nahezu 24 Stunden an sieben Tagen die Woche in meinem Kopf.

Macht mich das zum ultimativen Opfer und/oder Idioten ohne Selbstkontrolle? Nein. Diese paar Zeilen schreibe ich so ehrlich und öffentlich nieder, weil ich weiß, dass jede dieses Gefühl kennt. Manche als ständiger Begleiter wie in meinem Fall oder zu bestimmten Phasen im Leben. Es ist normal – ja, in erster Linie menschlich – dass wir ständig denken, analysieren, Muster erkennen und Lösungen finden wollen. Das ist unser evolutionärer Vorteil, der uns in der modernen Gesellschaft mittlerweile gerne ins eigene Bein schießt.

Denn einerseits erschöpft uns dieses ständige Verketten von „Wenn, dann“-Gedanken, andererseits raubt es uns kognitiver und zeitlicher Ressourcen. Decision Fatigue, auf Deutsch auch Entscheidungsermüdung, beschreibt den Zustand, der meist durch dieses ständige Überlegen herbeigeführt wird. Jeden Tag triffst du hunderte von winzig kleinen, unbewussten und großen, bewussten Entscheidungen. Das beginnt mit der Entscheidung „Snooze – ja oder nein?“, geht über die Auswahl deiner Kleidung für den Tag bis hin zu schwerwiegenden Entscheidungen in deinem Job: Dein Kollege macht X – wie verhältst du dich? Gibt es noch Optionen oder muss Person Y entlassen werden? Jede Entscheidung kostet uns mindestens Zeit und Energie – auch in Zukunft, denn Entscheidungen haben nun mal Konsequenzen. Und je mehr Entscheidungen wir treffen, desto schlechter wird unser Urteilsvermögen und damit die Qualität der getroffenen Entscheidungen.

Ein bekanntes Beispiel für die schwerwiegenden Folgen von Decision Fatigue: Eine Studie von Danziger, Levav und Avnaim-Pesso hat gezeigt, dass der Anteil von Freisprechungen mit jeder von Richtern getroffenen Entscheidungen um 65% sinken. Mit jeder Entscheidung. Nach einer Pause steigen die Werte im Schnitt übrigens wieder auf die Ausgangslage zurück. Einfach gesagt: Richter treffen mit jeder getroffenen Entscheidung „schlechtere“ Urteile. Menschen, die die Verantwortung dafür tragen, wie das weitere Schicksal anderer aussehen wird. Erschwerend kommt hinzu, dass Decision Fatigue auch das Zurückfallen auf (vermeintliche) Erfahrungswerte begünstigt. Das heißt, Vorurteile jeglicher Form – von Rassismus über Sexismus – haben zunehmend stärkeren Einfluss.

Aber was hat das jetzt mit Snooze drücken zu tun? Es ist natürlich unangemessen, kleine, alltägliche Entscheidungen mit großen, schicksalsbestimmenden Urteilen zu vergleichen. Aber erstere haben einen enormen Einfluss auf letztere. Und jede Entscheidung hat Konsequenzen – für andere, für uns selbst.

„Sehr gut, jetzt habe ich noch mehr Druck und Sorge, die falsche Entscheidung zu treffen!“ – das soll nicht das Fazit dieses Beitrags sein. Die Aussage, die ich hier mitgeben möchte, ist eigentlich das vermeintliche Gegenteil: Geduld und Verständnis für uns selbst.

Wir sollten Geduld mit unserem Gedankensturm haben. Ihnen als solchen anerkennen und uns bewusst machen, dass das unser Hirn ist, das helfen will – evolutionär gesehen aufpassen will, dass wir uns nicht aus Dummheit selbst umbringen. Geduld mit Entscheidungen, die doch nicht die besten waren. Geduld für den Prozess unseres persönlichen Wachstums.

Das Verständnis geht eine Ebene tiefer. Warum denke ich so? Vieles geschieht unbewusst, aber den halbwegs bewussten Gedankenstrom und -sturm wahrzunehmen, anzuerkennen und zu analysieren, ist der erste Schritt für einen gesünderen Umgang mit uns selbst. Es mag augenscheinlich paradox erscheinen, zu viel Denken mit noch mehr Denken zu bekämpfen.

Als Teil einer Übung zur persönlichen Weiterentwicklung sollte man automatisierte Gedankenmuster und Glaubenssätze als Teil einer Übung niederschreiben. Ich habe sie offen und ehrlich so aufgeschrieben, wie sie in meinen Kopf waren. Mensch, der ich bin, waren sie größtenteils negativ oder ungesund. Eine Kollegin, mit der ich diese Übung gemeinsam machte, sah das kritisch und meinte, dass es vollkommen legitim sei, solche Gedanken zwar zu hören, aber ihnen nicht „Macht“ zu verleihen, indem man sie aufschreibt. Lieber solle man die bewusste, positive Formulierung niederschreiben. Ein Beispiel wäre lieber „Ich bin genug“ aufzuschreiben statt „Ich muss mehr erreichen“.

Ihren Standpunkt verstehe ich. Sie hat Recht damit, dass es nicht Zweck der Sache ist, internalisierte, schädigende Glaubenssätze weiter zu bestärken. Mein Ansatz, der mir bisher immer am besten geholfen hat, ist es, dort hinzusehen, wo es wehtut und hässlich ist. Um zu verstehen, warum ich so denke, muss ich erst wissen, was ich denke. Das Unbewusste ins Bewusste rufen. Um es vereinfacht zu sagen: Statt mir zu sagen, dass es kein Monster unter meinem Bett gibt, sehe ich es hilfreicher an, kurz das Licht anzumachen, einen Blick unters Bett zu werfen und einen Haken an die Sache zu setzen.

Das sind persönliche Ansätze. In aller Regel liegt der erste Schritt zur (Selbst-)Verantwortung und Verbesserung aber darin, eine Bestandsaufnahme zu machen und zu fragen: Wie kam es dazu? Für mich ist es sogar Teil meiner Identität. Dieser Blog setzt sich schließlich mit Fragen auseinander und soll Erklärungsansätze liefern, um Werkzeuge zur Verbesserung zu vermitteln.

Letztlich können wir unser Hirn nicht vom Denken abhalten. Ja, bloß nicht! Unser Hirn, unsere evolutionäre Entwicklung ist etwas Fantastisches. Aber wir sollten uns bewusst machen, dass wir unser Leben, Denken und Handeln aktiv bestimmen können und kein Treibholz im Strom sind. Es gibt Phasen, da können wir selbstbestimmter agieren als in anderen. Psychische Krankheiten wie Depressionen können all das enorm erschweren.

Aber wenn ich eins meinen Mitmenschen und mir selbst gleichermaßen mitgeben will: Mach dich nicht selbst zum passiven Opfer. Verschließe nicht die Augen, sondern schau hin und frage dich, wie du es ändern kannst. Und dann: machen. Immer und immer wieder.

Warum Podcasts so gut funktionieren – und was sich das Radio abgucken kann

Eine der gebetsmühlenartig wiederholten Binsenweisheiten während meines Studiums war immer wieder: „Das Radio ist scheintot. Gehört wird es vor allem vormittags auf dem Weg zur und während der Arbeit.“ Dazu wurde uns stets diese Grafik gezeigt, die in der Langzeitstudie Massenkommunikation von ARD und ZDF passenderweise zusammengefasst wird mit den Worten: „Radio ist der Tagesbegleiter und leistet bereits ab dem morgendlichen Aufstehen den Menschen Gesellschaft. Am meisten genutzt wird es zwischen 7.30 Uhr und 11.00 Uhr, in diesem Zeitabschnitt hören mindestens 25 Prozent der Bevölkerung Radio. Die Nutzung sinkt über den weiteren Tag kontinuierlich und fällt ab ca. 18.30 Uhr stark ab.“

Abbildung 4 aus der Langzeitstudie "Massenkommunikation" von ARD und ZDF mit dem Titel "Mediennutzung im Tagesverlauf 2015 bei der Gesamtbevölkerung". Die Grafik zeigt u.a. dass die Radionutzung am Vormittag am stärksten ist.

Aber nur, weil das Radio an einem Scheidepunkt der Relevanz steht, heißt das nicht, dass die ursprüngliche Rolle des Radios irrelevant ist. Musik-Streaming-Dienste waren die ersten, die dem Radio den Rang abgelaufen haben. Wichtig, wenn auch meist vergessen, ist aber auch der meinungsbildende, informierend-unterhaltende Aspekt des Radios. Themen-Sendungen, Interviews, Diskussionen – all das ist nicht plötzlich unwichtig geworden. Es hat nur eine neue Form angenommen: Podcasts.

Wie können Podcasts eine Inspiration für Radiosendungen sein? Und warum sind sie so ein starkes Format?

Eigentlich sollten Podcasts nach der aktuellen Content-Logik scheitern: Sie sind meist lang, nicht audiovisuell, sehr themenspezifisch und sind schwer zu finden, wenn man nicht explizit nach ihnen sucht. Aber sie laufen. Eben weil sie einen thematischen Deep Dive ermöglichen und extrem nischig sind.

Thematischer Fokus mit Podcasts

Durch ihre spitze Zielgruppenausrichtung erreichen sie wirklich nur die Leute, für die diese Inhalte auch relevant sind. Gleichzeitig ermöglicht der Fokus auf das Auditive den Fokus auf den Inhalt, das tatsächlich Gesagte. Kein ästhetischer Schnickschnack, keine ablenkenden Bilder, kein Bedarf, sich auch noch um die Bildgestaltung kümmern zu müssen. Der Dialog (oder Monolog) muss stimmen, muss inhaltlich Hand und Fuß haben.

So kann man die Story auch durchdacht aufbauen, statt das Nötigste in wenige Minuten quetschen zu müssen. Das ist schließlich ein elementares Problem für das Radio: Durch ständige Unterbrechungen und Zuhörer, die zu jeder Zeit ein- oder aussteigen, muss Gesagtes immer wieder wiederholt werden und kann nur eine begrenzte Tiefe erreichen. Wer sich aber für die Podcast-Folge interessiert, weiß, worauf sie sich einlässt und ist bei überzeugendem Inhalt bereit, die Zeit zu investieren. Es besteht kein Zwang, die Story unter erhöhtem Zeitdruck erzählen zu müssen.

Leicht und immer verfügbar – Podcasts machen es dem Zuhörer leicht

Die Entscheidung eine Podcast-Folge zu hören, findet bewusst statt. Das Gerät, um ihn zu hören, ist in aller Regel stets dabei: Zwei Drittel der Hörer nutzen das eigene Smartphone. Apps wie Spotify und iTunes laufen mittlerweile fast überall, zumal die Folgen meist auch heruntergeladen werden können. Egal, ob auf der Pendelstrecke, nebenbei im Haushalt oder ganz bewusst, ohne etwas anderes zu tun, Podcasts können quasi jederzeit ohne größeren Aufwand gehört und pausiert werden. Und da sie nicht audiovisuell funktionieren, sind sie noch leichter zu konsumieren als On-Demand-Videos, die auf Fernseher oder Laptop doch angenehmer zu sehen sind als auf dem Smartphone-Bildschirm.

Aber natürlich müssen Podcasts nicht ausschließlich gehört werden. Genauso gut lassen sie sich auch multimedial aufbereiten. Seien es Video-Varianten des Podcasts, so wie es The Mustards machen, oder die Einbindung in Blogartikel oder Transkripte – die Audioversion kann als Basis dienen, aber nach Wunsch und Bedarf weiter ausgebaut werden.

Kein Schnickschnack nötig: Podcasts konzentrieren sich auf das Wesentliche

Anders als Content, der mit einem Multimedia-Konzept erdacht und erstellt wird, müssen monomediale Inhalte die gewünschte Nachricht allein, direkt und zielgerichtet übertragen können – ohne sich auf weitere Methoden stützen zu können. Klingt abstrakt, ist aber simpel: Während Person X im Video per Bauchbinde mit Namen, Titel und Beruf vorgestellt werden kann, muss der Podcast diese Informationen kurz und knapp vermitteln ohne direkt zu langweilen. Diagramme können nicht gezeigt, sondern müssen zusammengefasst werden. Emotionen müssen hörbar gemacht werden, wenn man sie nicht sehen kann. Und und und…

Dieses grundlegende monomediale Gerüst auszubauen, ist leichter als etwas als Multimedia-Inhalt konzipiertes zu reduzieren.

Smallest viable market: Podcasts funktionieren durch den Fokus auf relevante Zielgruppen

Und zu guter Letzt: Podcasts sind leicht produziert und nicht für die Masse gedacht – und sind somit so viel lohnender. Radio und auch Fernsehen sind davon abhängig von einer gewissen Masse konsumiert zu werden. Wenn der ROI nicht positiv und signifikant ist, werden Projekte schnell eingedampft. Und das macht auch Sinn.

Podcasts wiederum lassen sich schnell und vergleichsweise preiswert produzieren und auf bereits etablierten Plattformen hosten. Gleichzeitig ist der Druck sehr viel geringer, eine Vielzahl an Menschen zu begeistern. Stattdessen kann der Content Creator sich auf die wirklich relevante Zielgruppe konzentrieren und auf den smallest viable marketing bauen. Und das sollte eigentlich für viel mehr Inhalte und Kanäle gelten. Statt allen gefallen zu wollen, sollte der Fokus darauf liegen, den Richtigen zu gefallen.

“It’s impossible to create work that both matters and pleases everyone.”

Seth Godin, This Is Marketing: You Can’t Be Seen Until You Learn to See

So kannst du auch um einiges effizienter agieren. Wem deine Inhalte richtig gefallen, der wird regelmäßig auftauchen und gegebenenfalls Geld dalassen. Das sind Konsumenten, die lohnen. Schließlich ist das Internet auch keine kommunikative Einbahnstraße.  Fans werden deine Inhalte teilen, weiterempfehlen, kommentieren und noch viel mehr. Die Wahrscheinlichkeit, dass wenigstens ein oder zwei Freunde deiner Fans deine Inhalte auch ganz toll finden… Nun, dass muss ich nicht erklären.

Wer deine Sachen aber mal so, mal so findet, wird kein zuverlässiger Konsument sind – und ist zu unzuverlässig, um sicher berücksichtigt zu werden. Geschweige denn dir Unterstützung zu bieten.

Da ist es in gewisser Weise wie im echten Leben: Du musst es nicht allen recht machen, sondern nur denen, die zählen. Alles andere ist reine Zeitverschwendung.

Fokussiert, leicht konsumierbar und ziel(gruppen)gerichtet – deshalb funktionieren Podcasts

Anders als Radiosendungen können Podcasts also nahezu immer und überall konsumiert werden ohne allzu viel relativen Produktionsauswand zu erfordern. Die größte Stärke ist aber wohl, dass Podcasts nahezu immer auf spitze Zielgruppen ausgerichtet sind. Während die großen Mainstream-Radiosender in ihren Inhalten austauschbar wirken (Charts, wie revolutionär!), zählen Podcasts auf Masse statt Klasse. Und das ist mit Sicherheit ein Trend, der die nächsten Jahre in jeder Hinsicht enorm prägen wird.

Du denkst, du weißt nicht genug über dein Lieblingsthema, um einen Podcasts zu produzieren? Dann schau dir doch mal diesen Beitrag an.

Weiterführende Links:

3 Tipps, um endlich anzufangen | Motivations-Hacks

Mit Prokrastination ist das so eine Sache. „Das ist eine echt gute Idee, aber ich bin gerade zu müde, um sie umzusetzen“ oder „Das muss ich echt machen, aber heute lohnt es sich nicht mehr“ – das sind Sätze, die wir ständig denken. Manchmal denke ich, dass ich das noch stärker und häufiger mache als andere, aber das stimmt vermutlich nicht. Wir reden nur ungern darüber. Denn spätestens nach dem dritten, vierten Mal würde unser Gegenüber aussprechen, was wir selbst zu verdrängen versuchen: Mach doch einfach. Später machst du es eh nicht.

Warum wir so ticken, hat viele verschiedene Gründe. Nach einem langen Arbeitstag ist man wirklich müde und fühlt sich unmotiviert, Sport zu machen, zu lernen oder einem Projekt Zeit zu widmen. Da vermischt sich Erschöpfung häufig auch mit Bequemlichkeit. Das muss auch nicht unbedingt negativ sein – wir brauchen Gelegenheiten, um unsere Akkus aufzuladen. 24/7 immer 100% geben, das kann niemand. Manchmal kommt dann auch Angst dazu. Angst zu versagen oder etwas nicht gut genug zu machen. Wenn man sich noch nicht bereit fühlt, etwas anzugehen und Angst vor einer vermeintlichen Blamage hat. Die Kernfrage ist dabei aber: Wirst du jemals bereit sein?

Ich decke gerne alle drei Varianten und ein paar weitere Variablen gleichzeitig ab bzw. begründe sie miteinander. „Ich bin zu müde, um das jetzt anzugehen und wenn ich es doch versuchen würde, käme eh nur Mist dabei heraus und dann ist es für immer ruiniert.“ Blöd nur, dass das nicht stimmt. Das weiß ich auch selbst. Hilfreich, wenn zur Aufschieberitis noch dieses eklige Schuldgefühl dazu kommt. Und die Liste an to-dos wächst und wächst und mit ihr das Unwohlsein.

Da hilft nur eins: Einfach machen. Über Sheryl Sandberg kann man denken, was man möchte, aber ihr Spruch „done is better than perfect“ hat einen wahren Kern. Entweder machst du dich an deine Aufgabe, die du vor dir her schiebst aus Angst sie nicht gut genug umzusetzen, oder du erledigst sie gar nicht. Ersteres gibt dir die hohe Chance, dass es dir doch (gut genug) gelingt, letztere gibt dir gar keine – da passiert schlichtweg nichts. Vertane Chance.

Wenn dir (wie mir so oft) immer noch der Anreiz fehlt, dich ans Werk zu machen, gibt’s hier meine drei Lieblingstipps.

Pro und Contra Liste

Was ist das allerschlimmste mögliche Resultat, wenn du das Projekt jetzt angehst? Wie wahrscheinlich ist dieses Resultat? Was spricht sonst noch gegen dein Aktivwerden? Und was spricht dafür? Du fühlst dich besser, weil du es endlich angegangen bist. Beim nächsten Mal wird es vielleicht sogar leichter, weil du deine Hemmschwelle schon einmal überschritten hast. Was ist das bestmögliche Resultat? Wie wahrscheinlich ist es im Vergleich zum schlimmsten? Ich möchte wetten, dass du mehr Pro-Punkte finden wirst.

Fünf Minuten hat jeder

Schon in meinem Studium hat mir dieser Ansatz immer geholfen. Fünf Minuten wirst du Zeit finden, fünf Minuten lang kannst du Netflix pausieren und lernen. Und aus den fünf Minuten werden dann schnell zehn Minuten (wenn ich schon mal dran bin), aus den zehn dann zwanzig oder dreißig und dann erscheint dir eine weitere halbe Stunde auch nicht mehr so hart. Wenn du doch eh schon dran bist. Und wenn du nach fünf Minuten wirklich absolut keine Lust mehr haben solltest, hast du immerhin fünf Minuten was gemacht – besser als gar nichts.

Schau dahin, wo es wehtut

Zugegeben, das hier ist kein Quick Fix, sondern mühsamer. Aber umso lohnender. Konfrontiere den Grund für dein Verhalten. Warum scheust du dich so sehr davor? Manchmal sind die Gründe leicht zu entdecken und es gibt Lösungen, die vielleicht nicht unbedingt bequem, aber machbar sind. Wenn du nach der Arbeit zu müde bist, mach vor der Arbeit Sport oder geh in der Mittagspause spazieren. Das ist vielleicht unschön, aber wenn du weißt, dass deine Erschöpfung nach der Arbeit nicht so schnell verschwinden wird, muss ein anderes System her. Das System muss für dich funktionieren, nicht du für das System. Sind die Gründe aber komplexer oder du weißt nicht so genau, wo die Ursache liegt, musst du tiefer graben. Tausche dich mit engen Bekannten aus oder zwing dich für eine halbe Stunde (kein Fernseher, kein PC, kein Handy!) mit dir selbst allein zu sein. Nimm dir Stift und Block und schreibe ganz frei runter, was dich blockiert. Ein Beispiel: „Ich möchte an meinem Blog arbeiten, aber gleichzeitig fühle ich mich jedes Mal überfordert, wenn ich dran denke, mich vor meinen Laptop zu setzen und weiß nicht, wie ich anfangen soll…“. Das muss kein Roman werden und bei Weitem nicht für andere verständlich sein – du sollst einfach ohne zu überlegen drauflos schreiben (oder reden!).

Manche Probleme sind noch tiefgehender. Depressionen oder Burnout beispielsweise. Ich bin ohnehin der Ansicht, dass mehr Menschen Therapie in Anspruch nehmen sollten. Aber ganz besonders, wenn du vermutest oder weißt, dass deine Blockade einen solchen Ursprung haben könnte, dem du dich allein nicht gewachsen fühlst – such den Kontakt zu einem Profi.

Solche Tipps bewirken keine Wunder und sonderlich originell sind sie nicht – aber sie funktionieren. Dieser Post kam gerade dank Tipp Nummer 2 zustande. Das sind Techniken, die man trainieren kann und dir helfen, eine andere Perspektive einzunehmen. Je öfter du sie anwendest, desto einfacher wird es. Das erfordert Arbeit. Aber wenn du erwartest hast, dass hier ein Zaubermittel auf dich wartet, müssten wir nochmal ernsthaft miteinander reden.

Also auf geht’s. Fang an – wenigstens für fünf Minuten.

Zeitmanagement – arbeite effizienter mit der Pomodoro-Technik

Die Pomodoro-Technik ist für viele schon ein alter Hut, andere wiederum haben noch gar nichts von ihr gehört. Da ich nun schon seit Jahren auf sie schwöre, möchte ich sie heute vorstellen – und erklären, warum die Technik so genial einfach ist.

Wer ein bisschen Italienisch beherrscht, wundert sich vielleicht, warum ich von Tomaten und Zeitmanagement schreibe. Nun, entwickelt wurde die Technik in den 1980ern von Francesco Cirillo. Die Basis seiner Idee war es in Intervallen abwechselnd zu arbeiten und zu ruhen – Intervalle, die er zunächst mit einer Küchenuhr in Form einer Tomate maß.

Wozu nun aber der ganze Hickhack?

Wir können uns nur eine begrenzte Zeit lang fest auf eine Aufgabe konzentrieren – je länger wir arbeiten, desto unkonzentrierter werden wir, lassen uns ablenken, machen Fehler. Wie lange sich ein Mensch im Schnitt auf eine Sache konzentrieren kann, ist empirisch nicht bewiesen – meist werden Werte zwischen zehn und 20 Minuten in den Raum geworfen. In den letzten Jahren kam vermehrt die Behauptung dazu, dass jüngere Generationen immer kürzer werdende Konzentrationsspannen aufweisen – eine weitere nicht konkret bewiesene Behauptung. Aber wenn man behauptet, dass sich selbst Goldfische mittlerweile länger konzentrieren können als diese verfluchten Millennials, ist das natürlich eine geile Headline, nicht wahr?

Goldfische in allen Ehren, der Vergleich hinkt – und zwar gehörig. Wie lange und wie gut wir uns konzentrieren können, hängt extrem von der Aufgabe ab. Die Umgebung, die psychische Verfassung, Gesundheit, Lebensstil und -situation spielen eine erhebliche Rolle. Ob sich ein Goldfisch um die nächste Steuererklärung, Miete und die Schulnoten des eigenen Kindes sorgen muss, halte ich für zweifelhaft. Wie will man Konzentration überhaupt vergleichbar definieren ohne Gedanken zu lesen? Der Punkt ist, dass Smartphones und Co. uns gehörig ablenken, sie machen uns aber längst nicht zur Dory der Säugetiere.

Ein GIF von "Findet Nemo", das Marlin und Dory zeigt. Sie sagt: "I forget things almost instantly."
Der Vergleich hinkt natürlich: Dory von „Findet Nemo“ hat Gedächtnis-, nicht Konzentrationsprobleme. Dass die beiden Felder aber eng zusammenhängen, ist kein Zufall.

Das Problem ist viel mehr die Routine unseres Alltags – das kann von Familienmitgliedern über laute Baustellen bis zu unserem Smartphone-Gebrauch gehen: Unsere Umgebung bietet ständig neue Reize, auf die wir reagieren müssen oder glauben, reagieren zu müssen. Statt also Goldfische zu beneiden, müssen wir selbst Umgebungen schaffen, die konzentriertes Arbeiten zulassen.

Sich Zeitintervalle ungestörten Arbeitens einzuteilen und diese maximal zu blocken, ist ebenso einfach wie genial. Es gibt festgelegte Arbeits- und Pausenzeiten, die nicht zu debattieren sind.

Die Vorteile sind klar:

  • kurze Intervalle sind leichter umsetzbar als lange – und weniger abschreckend
  • kurze Pausen helfen der Regeneration ohne vollkommen aus dem Thema zu kommen
  • genaues Tracking der Produktivität
  • repetitives Verhalten fördert das Entwickeln von Gewohnheiten – mit der Zeit findet man seinen Fokus einfacher und schneller
  • vordefinierte Ziele machen das Bearbeiten einer Aufgabe einfacher und sind leichter erreichbar
  • Reduzierte Ablenkungsquellen

Was also braucht man, um die Pomodoro-Technik anzuwenden?

  • einen Plan haben: Was willst du in der definierten Zeit erreichen?
  • deinen Timer, egal ob Küchenuhr, Handy-Timer oder App, auf einen definierten Zeitraum stellen. Die Regel sind 25 Minuten, das kannst du aber anpassen
  • Bearbeite die definierte Aufgabe in diesem Zeitraum.
  • Ist die Zeit abgelaufen, machst du fünf Minuten Pause – danach wiederholt sich die nächste Bearbeitungsphase

Je länger du arbeitest, desto eher wirst du eine längere Pause brauchen. In der Regel heißt es, dass nach vier Bearbeitungsphasen eine Pause von 15 – 30 Minuten angebracht ist. Auch das hängt aber von dir und in welchem Rahmen du am besten arbeitest ab.

Während meines Studiums hatte ich eine bevorzugte App zum Tracken der Pomodoro-Phasen, allerdings sind die meisten Apps recht ähnlich. Theoretisch reicht auch der Standard-Timer deines Handys, ich persönlich bevorzuge aber Apps, die meine Sessions zählen und den Flugmodus während der Bearbeitungsphasen aktivieren.

Wie viele Produktivitätstechniken punktet die Pomodoro-Methode vor allem damit, dass sie nur die Basis legt und flexibel anpassbar ist an die individuellen Bedürfnisse des Anwenders. Wer lieber 15 oder 45 Minuten konzentriert arbeitet, muss sich keine Sorgen machen – der Kern der Technik ist die Arbeit in Intervallen.

Wer die Technik ein paar Mal angewendet hat, lernt eine Menge. Nicht nur tatsächlich an Lernstoff, sondern auch über sich selbst. Was ist deine größte Ablenkungsquelle, was lässt dich immer wieder zum Handy greifen? Diese Ablenkungsquellen sind an sich nichts Böses, allerdings lässt sich durch diese Technik ein kontrollierter Umgang während des Lernens oder Arbeitens erlernen.

Schrödingers Influencer: Warum machen alle [Werbung]?

Derzeit fluten Disclaimer wie [Werbung] die deutsche Ecke von Instagram – auch wenn man lediglich, das Café, in dem man das instagrammable Frühstück zu such genommen hat, markiert und ein Produkt empfiehlt, das man selbst gekauft hat und einfach gut findet, ganz ohne Aufforderung. Hintergrund ist ein Urteil des Berliner Landgerichts gegen die Bloggerin Vreni Frost – ein Urteil, dessen Echo schwer in der deutschen Medienblase diskutiert und an vielen Stellen aufgebauscht worden ist. Der durchschnittliche Instagram-Nutzer wird davon aber herzlich wenig mitbekommen haben bis kurz darauf die eingangs erwähnte [Werbung]-Flut Instagram überschwemmte. Für eine etwas ausgewogenere Einschätzung des Urteil kann ich übrigens diesen Artikel hier empfehlen. Übrigens, ist das jetzt unaufgeforderte, unbezahlte Werbung?

Ob und wie Influencer bezahlte Kooperationen oder unbezahlte, unaufgeforderte Empfehlungen als Werbung kennzeichnen müssen, möchte in diesem Beitrag nicht erläutern – sondern woher diese Aufmerksamkeit auf Influencer Marketing kommt.

Trust me, I’m an influencer

Es klingt eigentlich zu gut um wahr zu sein: Man empfiehlt Produkte, die einem gratis zugesendet worden sind und du kriegst Geld oben drauf. Aber warum lassen sich Marken überhaupt auf dieses Spiel ein? Es ist eigentlich denkbar einfach: Wenn klassische Werbung zwar noch funktioniert, aber längst nicht mehr so gut wie früher, und Online-Werbung vor den meisten Adblockern in die Knie geht, dann muss man eben umdenken. Und Influencer sind die eierlegende Wollmilchsau für Marken: Sie haben die mediale Reichweite, bringen eine vorausgewählte Zielgruppe mit sich und das Interesse und meist sogar Vertrauen der Follower – perfekte Grundvoraussetzungen.

Was heißt hier aber Vertrauen? Vergleichen wir doch folgende Situationen: Du siehst ein Plakat auf der Straße, dass dir einen neuen Brotaufstrich empfiehlt. Würdest du den Aufstrich kaufen? Vielleicht, wenn dich die Geschmacksrichtung anspricht oder wenn du bereits ähnliche Produkte dieser Marke ausprobiert und für gut befunden hast. Nun stellen wir uns vor, du hast zuvor noch nie von diesem Aufstrich gehört und ein Bekannter empfiehlt es dir ganz nebenbei, weil er oder sie ihn so gut findet. Muss ich noch fragen, welcher Empfehlung du eher nachgehen würdest? Wir hören eher auf Freunde, Familie und Bekannte, weil sie (vermutlich) nichts davon haben, dir ein Produkt weiterzuempfehlen. Weil Produktempfehlungen nicht das einzige Thema in eurer Beziehung sind, sondern nebenbei passieren. Und diese Personen kennen dich und wissen vermutlich, was zu dir passt und was nicht. Das, was wir üblicherweise als Werbung wahrnehmen, sei es nun ein Plakat, ein Radio-Spot oder eine Online-Anzeige kann nur hoffen, dich so auf dich zugeschnitten ansprechen zu können. Tatsächlich hören im weltweiten Schnitt 83% der Bevölkerung auf Empfehlungen von Bekannten und Familie – ein Wert, von dem klassische Werbung nur träumen kann.

Kenne deine Zielgruppe und du bist der Boss

Und hier bauen Influencer eine faszinierende Brücke: Sie sind die Person, die wie du und ich ist, vielleicht augenscheinlich ein bisschen cooler und informierter. Aber sie verringern die Distanz zwischen den Konsumenten und der Werbung. Sie sind vielleicht nicht dein Freund, aber sie können sich ein bisschen wie einer anfühlen, wenn sie auf Kommentare und Nachrichten antworten und in ihren Bildunterschriften immer dieses ominöse „euch“ benutzen: „Was steht bei euch heute so an? Wie findet ihr das und das?“ Da ist es also wenig verwunderlich, dass nach einer Studie der Keller Fay Group 82% der Konsumenten „sehr wahrscheinlich“ der Produktempfehlung eines Micro-Influencers nachgehen würden. Nicht unwichtig ist dabei auch die Einschätzung von Influencern als Experten, auch wenn tatsächlich das Gegenteil leider oft der Fall ist. Hier spielt eine grundlegende Theorie der Kommunikationswissenschaften eine große Rolle: die der Meinungsführerschaft. Menschen, die sich weniger intensiv mit Themen beschäftigen und informieren, suchen oder nehmen Rat von Menschen an, die sich intensiv mit den entsprechenden Themen auseinandersetzen und daher als kompetent, also als Meinungsführer, betrachtet werden. Auch wenn die These von Lazarsfeld, Berelson und Gaudet nicht eindeutig nachzuweisen ist, bleibt sie bis heute (vielleicht sogar mehr denn je) relevant – besonders im Online-Raum. Jeder größere Instagram-Account hat einen spezifischen Fokus, seien es Beauty, Ernährung, Sport, Reisen oder ähnliche. Die Annahme, dass die Person hinter diesem Account sich folglich gut mit diesen Themen auskennt, ist naheliegend – wer sich so häufig mit einem Thema auseinandersetzt, wird schon wissen, wovon er oder sie redet. Oben drauf hilft diese thematische Ausrichtung Marken natürlich die passende Zielgruppe zu finden: Vegane Nahrungsergänzungsmittel lassen sich beispielsweise besser über einen veganen Instagrammer verkaufen als über den Steak liebenden Fitness-Influencer.

Wunderwaffe Influencer-Marketing?

Das Influencer-tum ist aber auch ein zweischneidiges Schwert: Marken suchen zwar Menschen mit einer großen Followerzahl, denn schließlich können die eine größere Zahl an potenziellen Kunden ansprechen. Wer aber viele Follower hat und häufig Produkte empfiehlt – erst recht, wenn die empfohlenen Marken häufig wechseln und selten wiederkehren – verliert auf Dauer an Vertrauens- und Glaubwürdigkeit. Daher auch die Differenzierung zwischen Influencern und Micro- und Macro-Influencern in der oben erwäjhnten Keller Fay Studie. Denn letztlich kommt das Vertrauen nicht durch die Anwesenheit auf der gleichen Plattform, sondern durch die Beziehungspflege. Wie in nahezu allen Aspekten der Kommunikation, sei sie nun politisch, kommerziell oder privat, kommt auf die Beziehung und Authentizität der Beteiligten an. Denn wer mag schon Lügner?

Und genau deswegen ist eine Diskussion solcher Fragestellungen wie im Fall Vreni Frost im öffentlichen Raum so wichtig: Solange Konsumenten unaufgeklärt sind und keine Möglichkeit haben, zwischen privaten und kommerziellen Empfehlungen zu unterscheiden, bleibt viel Raum für Unfug und Heuchelei. Ob es aber sonderlich förderlich ist, pauschal alles als Werbung zu deklarieren, ist fraglich. Ebenso wie die Tatsache, dass solche Themen selten die Medienblase verlassen und die Allgemeinheit erreichen. Da brauchen wir wohl dringend mehr Meinungsführer im Medien- und Online-Bereich.

Blicke deiner eigenen Schwäche ins Gesicht

Neulich fragte mich mein Freund: „Wie kommt es, dass du dich nach außen immer so tough gibst, wenn du dir innerlich alles so zu Herzen nimmst?“
Mein erster Gedanke war: Warum fragst du das nach all den Jahren, du kennst mich doch? Mein zweiter Gedanke war: Ich kenne die Antwort nicht mal selbst.

Den ersten Teil der Frage kann ich eher begründen als beantworten: Ich zeige Menschen, vor allem im professionellen Umfeld, nur ungern Verletzbarkeit. Denn hat man sie ein Mal durchblicken lassen, kann man diesen Eindruck nicht zurücknehmen. Wir alle wollen verständlicherweise steuern, wie andere uns wahrnehmen. Und gerade im Beruf rutscht man als junge Frau schnell in das Mädchen-Schema zurück, in die Verletzbarkeit wird Schwäche und Unreife gelesen. Wer Verantwortung übernehmen und Richtung zeigen soll, muss ein Fels in der Brandung sein und niemals wanken. So zumindest die theoretische Auffassung. Ein Gedanke, den sicherlich nicht nur Frauen im Laufe ihrer Karriere haben, sondern gerade auch Eltern und natürlich Männer. Wir alle hadern mal mehr, mal weniger mit unserem Image.

Denn wer will schon als schwach gelten? Als eine Person, die sich alles zu Herzen nimmt, und nicht belastbar ist? Und hier liegt der Widerspruch.

Wer sich auch nur am Rande mit Themen wie Führung im Job, agiles Management oder auch Erziehungsthemen auseinandersetzt, wird hören, dass gute Vorbilder und Verantwortungstragende Fehler und Unsicherheiten zugeben. Eine menschliche Seite zeigen, um auch andere dazu zu bewegen, sich zu offenbaren. Vertrauen ist die Basis jeder guten Zusammenarbeit und es kann nur existieren, wenn man offen und ehrlich miteinander ist. Wer immer sicher und stark ist, wirkt bestenfalls unnahbar, schlimmstenfalls arrogant und realitätsfern.

Sich einer Sache mal nicht sicher zu sein, ist nicht schlimm – durch Diskussionen und gemeinsames Abwägen lassen sich Lösungen besser finden als wenn man alleine vor sich hin grübelt. Sich Dinge zu Herzen zu nehmen ist nicht schlimm – das zeigt, dass sie einem wichtig sind. Zu demonstrieren, dass man verletzlich und trotzdem fähig sein kann, zeigt, dass Verletzbarkeit kein Makel, sondern menschlich ist. Und dass man damit umgehen kann.

Ich werde mir manche Dinge immer noch mehr zu Herzen nehmen als es sein muss. Aber ich will anerkennen, dass mich das nicht schlechter oder weniger verletzbar macht. Denn dieses Fühlen und Nachdenken hat mich im Endeffekt immer besser gemacht: Ich setze mich intensiv mit etwas auseinander, verstehe Situationen dadurch besser und finde Lösungen. Und wenn’s nur die Erkenntnis ist, dass es die Aufregung nicht wert ist.

Daher mein Appell an dich: Verdränge nicht deine vermeintliche Schwäche, sehe sie klar und deutlich – und mache sie zu deiner Stärke. Denn was uns stark macht, ist menschlich zu sein.

Juice Plus+, Fitvia und der Hype um Allheilmittel

Wie schön wäre es, die übermäßigen Kalorien der letzten Fressattacke mit ein, zwei Tassen Tee Vergangenheit werden zu lassen? Oder nur ein paar Pillen am Tag zu schlucken, um den Bluthochdruck komplett los zu werden? Zugegeben, solche Zaubermittel wünsche ich mir auch öfters als mir lieb ist, aber meine Wortwahl sagt es eigentlich schon: Realistisch ist das nicht, das sollte eigentlich offensichtlich sein.

Aber es ist immer wieder verblüffend, wie viele Menschen noch mit Marken wie Juice Plus+ arbeiten, wenn Google bereits auf der ersten Seite mehrere kritische Beiträge herausspuckt, wenn man denn die Suchmaschine mal bemüht. Oder wie viele denken, dass ein bisschen Brennnesseltee, pardon, Detox-Tee die Kilos purzeln lassen. Schön wäre es natürlich, aber um es mit den Worten des Professors Edzard Ernst zu sagen: „If it takes anything out of you, it’s your money.“

Jeder will Geld verdienen. Jedes Unternehmen denkt in erster Linie ans Geschäft – das ist an sich nichts Verwerfliches, den Unterschied macht letztlich die Art und Weise wie man sein Geld verdient. Und das kann ich bei den genannten Beispielen und ähnlichen Anbietern beim besten Willen nicht gut heißen, wenn mit voller Absicht nach Menschen für die eigene Marketing-Kampagne gesucht wird, die meist selbst nicht zu den Topverdienern gehören und sich verständlicherweise über dieses vermeintlich schnelle Geld freuen. Und ihnen auch noch das Gefühl vermittelt, dass sie tatsächlich etwas weiter verkaufen, dass ihnen und anderen hilft.

Dabei müsste man ihnen schon fast Respekt dafür zollen, dass sie das Potenzial ihrer Nische erkannt haben und voll ausnutzen. Konsequent gesunde Ernährung ist schwierig – wir kennen alle die Basics, wissen dass viel Gemüse und wenig verarbeitetes Essen wichtig ist und so weiter und so fort. Beim morgendlichen Weg am Bäcker vorbei oder nach einem langen Arbeitstag noch etwas Gesundes zu kochen, das man auch noch am nächsten Tag mitnehmen kann, fällt uns allen aber mal mehr, mal weniger leicht. Gleichzeitig kann gesunde Ernährung wahnsinnig komplex sein: Männer können während Diäten besser ein größeres Kaloriendefizit als Frauen fahren, Fette spielen eine zentrale Rolle im Hormonhaushalt, nur von Brokkoli und Wirsing allein wird man nicht glücklich. Der menschliche Körper ist ein faszinierendes Gefüge und da als Otto Normalverbraucher den Überblick zu behalten ist schwer. Deswegen gibt es Richtlinien und Experten, die sich auskennen und Empfehlungen geben. Kommt da nun ein Produkt daher, dass alle benötigten Vitamine abdeckt und von dem man wie durch Zauberhand abnimmt, ist das zu schön, um wahr zu sein. Ist es auch. Die Menschen glauben, was sie glauben wollen – und ein paar Mal ausprobieren schadet ja nichts!

Ein Glas auf grauem Grund von oben fotografiert. Eine Zitronenscheibe und Minzblätter sind in dem Glas mit heißem Wasser aufgegossen. Im Hintergrund ein weißes Geschirrtuch.
Zwei Tassen am Tag und du bist schlank? So einfach ist es nicht.

Und das ist genau der Punkt, an dem solche Marketingstrategien greifen: Wenn Tante Gertrude diesen wahnsinnig leckeren und hilfreichen Tee empfiehlt („Ich hab schon ein Kilo abgenommen seit vorgestern!“) oder dir dein Kumpel aus dem Fitnessstudio diese Superpillen ans Herz legt, sieht man keine große Gefahr und schenkt ihnen gern einen Vertrauensvorschuss. Zum einen ist es schwerer einem Bekannten nein zu sagen als einem Promoter, der am Supermarkteingang steht. Zum anderen verleihen diese positiven Erfahrungen der jeweiligen Marke Glaubwürdigkeit. Dass dahinter meistens Placebo-Effekte oder simple Mechanismen, die nichts mit der versprochenen Wirkung zu tun haben, stehen, verleitet weiter zu Trugschlüssen. Gertrude, die zwei abgenommen Kilos sind höchstwahrscheinlich kein Körperfett, sondern Wassereinlagerungen (Zutat: Brennnessel) oder dein Darminhalt (Zutat: abführende Pflanzen, wie z.B. diverse Johannisbrotgewächse). Gegebenenfalls hat die größere Flüssigkeitszufuhr auch geholfen weniger zu essen und Coffein- oder Theininhalte haben dazu geführt, dass du dich unterbewusst ein wenig mehr bewegst. Ähnlich verhält es sich mit den Kapseln von Juice Plus+ und Co.: Ein paar der Inhaltsstoffe werden vielleicht greifen, aber mit diesen angeblichen Vitaminbomben schießt man letztlich mit Kanonen auf Spatzen. Der Durchschnittsbürger muss sich keine Sorgen, um den Vitaminhaushalt machen, wenn er regelmäßig frisches Obst und Gemüse zu sich nimmt. Ist das nicht der Fall, wird auch kein Pillchen helfen können.

Neben diesem Spiel mit der Unwissenheit der Konsumenten werden besonders bei Fitness- und Gesundheitsprodukten Vertriebsstrategien angewandt, die nahezu sektenähnliche Züge annehmen. Beim Multi-Level-Marketing (MLM) steht neben dem Verkauf an Kunden das Anwerben weiterer Mitglieder an vorderster Stelle – denn diese investieren. Versprochen wird schnelles Geld, aber dafür muss erstmal selbst in die Tasche gegriffen werden. Mit Starterpaketen und Schulungen, die gerne mehrere Hundert Euro kosten, sollen neue Mitglieder für den Vertrieb fit gemacht werden – meist, aber nicht ausschließlich, an Bekannte.

Der Umsatz einzelner Mitglieder wird aufgeteilt: Der Großteil geht an das Unternehmen selbst, ein festgelegter Prozentsatz geht an die übergeordnete Person, die das neue Mitglied geworben hatte, und ein festgelegter Anteil geht an das Mitglied selbst. So entstehen Abhängigkeitsverhältnisse und der Druck selbst immer mehr neue Mitglieder zu werben, um Teile deren Umsatzes einzustreichen. Da geht es nicht mehr um das Produkt selbst und seine nahezu magischen Wirkungsstoffe, sondern nur um’s Geld. Das Produkt ist ein Vorwand, um immer mehr Mitglieder zu initiieren, um das eigene Konto aufzubessern. Und wenn das so gut funktioniert, ist das Produkt und seine Qualität letztlich egal.

Empfehlungen von Bekannten sind gut und wichtig, ohne Frage. Nahrungsergänzungsmittel sind auch nicht der Teufel, bisweilen sogar nützlich. Aber mit den Unsicherheiten und der Unbedarftheit großer Bevölkerungsteil nicht nur Geld zu machen, sondern ihnen unter falschem Vorwand das große Geld zu versprechen? Da würde ich noch mal drüber nachdenken, ob da die Empfehlung eines Bekannten diesen Tee oder diese Pillen auszuprobieren wirklich die beste Idee ist.

Man kann kein Experte in jedem Gebiet sein, muss man auch nicht. Aber wir alle sollten unsere geliebte Internetverbindung manchmal nicht nur zur Unterhaltung nutzen, sondern auch um solche Aktionen zu hinterfragen und zu recherchieren.

Ergänzende Links:
Fitvia: Dieser deutsche Hidden Champion macht achtstellige Umsätze mit Detox-Tee
Why Instagram’s Favorite Diet — „Teatoxing“ — Won’t Actually Help You Lose Weight
Multi-Level-Marketing: Erfolgversprechende Alternative für Gründer?

Wie Lush dem Online-Handel trotzt

Wer mit seiner Marketingstrategie erfolgreich sein will, muss drei essentielle Fragen deutlich und immer wieder beantworten: Warum tun wir, was wir tun? Wie machen wir das? Und letztlich, was machen wir?

Simon Sinek stellte dieses „Golden Circle“-Modell in einem TED-Talk vor, der bis heute einer der meist gesehen Talks auf der Plattform ist. Denn mit diesem Ansatz stehen die Firmenwerte und -überzeugungen an erster Stelle – und bei der Vielzahl an Konkurrenten auf dem Markt ist letztlich nicht mehr das Produkt der größte Differenzierungspunkt, sondern wer die Firma ist und was sie verkörpert. Man kauft kein Produkt mehr, man kauft einen Lifestyle.

Wer das gemeistert und auf die Spitze getrieben hat, ist Lush. Vor kurzem las ich in einem Interview mit der Communications Managerin Natasha Ritz, dass Lush de facto keinen Cent für externe Werbung ausgibt. Dass Lush es sich leisten kann, sich bezahlte Werbung nicht zu leisten, verdanken sie ihrer geschickten Firmenstrategie. Lush, das sind die gegen Tierversuche. Die gegen Müll. Die, deren Shops man zehn Meter gegen den Wind riecht. Die mit den verrückten Zutaten in deren Produkten. Die, mit den bunten Badebomben.

Das Geheimrezept für ihren Erfolg besteht in meinen Augen aus zwei Zutaten: Teilbarkeit und Erlebbarkeit. Das klingt zwar nach wenig, ist aber doch komplexer als man zunächst vermutet. Warum ich es dennoch auf diese zwei Bereiche herunterbreche, möchte ich heute ausführen.

Erlebbarkeit

Online gibt es mittlerweile alles – wer etwas auf sich hält, verkauft online. Wer das nicht tut, exisitiert maximal im eigenen Ort, mehr Bekanntheit gibt es nicht. Dennoch sind die tatsächlichen Stores von Lush ihre größte Stärke. Der Kunde muss keine Katze im Sack kaufen, jedes Produkt kann vor Ort ausprobiert werden. Das ganze Konzept des Stores ist auf dieses Ausprobieren ausgelegt. Die gefliesten Wände, die Probierdöschen mit Spachteln, die Mitarbeiter mit den Schürzen und die Waschbecken vermitteln ein Gefühl von „hinter die Kulissen blicken“, man fühlt sich quasi als betrete man die Küche, in der die Produkte zusammengerührt werden. Und so wird der Kunde auch behandelt – natürlich wird geduzt, freundlich wird Rat angeboten und von persönlichen Erfahrungen mit den Produkten berichtet. Wer möchte, kann Seifen und Badebomben in den Waschbecken ausprobieren ohne extra dafür aufkommen zu müssen. All das vermittelt ein Gefühl von Exklusivität, man ist Teil eines größeren Ganzen und ist trotzdem der König Kunde ohne sich überheblich zu fühlen. Anders als im Online-Store riecht, fühlt, hört und sieht die Produkte (schmecken muss nicht unbedingt sein) vor Ort, bekommt im Kundengespräch freundlichen Rat und kann jede Menge Fotos und Videos machen.

Teilbarkeit – Shareability

Und eben dieses Konzept ist nicht nur Lushs Stärke, weil es dem Kunden ein einzigartiges Erlebnis gibt. Es garantiert auch, dass Lush selbst keine Werbung machen muss. Wer gut gemachte Produkte hat und die Vorführung dieser fördert, darf sich über kostenlose Werbung in den sozialen Netzwerken durch den Kunden freuen. Lush hat es sich auf die Fahne geschrieben, tierversuchsfreie mindestens vegetarische, oft vegane, Produkte zu entwickeln, die einen verpackungsfreien Lebensstil erleichtern. Dafür braucht es kreative Lösungen, die dem Kunde vermitteln, dass man hier die innovativsten Produkte erhält. Dazu stellt das minimalistische Design die farbenfrohen Produkte in den Vordergrund und witzig-freche Namen und Beschreibungen machen den Einkauf zum Erlebnis – das man gerne mit Freunden und Bekannten teilt. Lush profitiert vom Word of Mouth Marketing, eine der effektivsten Marketingmethoden, wie kaum eine andere Marke. Sobald eine neue Badebombe auf den Markt kommt, testen sie unzählige Fans, die Fotos und Videos davon veröffentlichen – die oft genug auch von Lush auf den eigenen Social Media-Plattformen geteilt werden.

So wäscht eine Hand die andere: Lush-Fans generieren völlig kostenlos Inhalte, die direkt die richtige Zielgruppe erreichen – nämlich die Freunde und Follower der Lush-Fans, die mit recht hoher Wahrscheinlichkeit ähnliche Interessen haben und der Empfehlung eines Freundes eher glauben werden als eingeblendeter Werbung. Und die Marke selbst bekommt Inhalte ohne diese selbst finanzieren zu müssen und bietet den Anreiz, dass Fans diese Inhalte erstellen, um Aufmerksamkeit und Reichweite durch den Repost zu bekommen.

Letztlich beherrscht Lush das Social Media-Game wie kaum eine vergleichbare Marke ohne tief in die Tasche greifen zu müssen, um bezahlte Werbung zu schalten – und hat den Golden Circle verinnerlicht. An erster Stelle steht der nicht ausbeuterische Grundgedanke, dass tierversuchsfreie und umweltschonende Produkte auch für den Mainstream erhältlich und zugänglich sein sollen (Warum). Durch auffälliges Design und eine die Gemeinschaft betonende Vertriebsstrategie auf Social Media wird Aufmerksamkeit generiert (Wie) und angeboten werden somit vegetarische bis vegane, weitestgehend verpackungsfreie Produkte (Was).

Lushs größte Stärke ist dabei nicht nur, dass sie ihre Nische genau kennen und beherrschen, sondern dass sie die Werte der Marke nicht nur nennen, sondern auch bei jeder Gelegenheit auf unterschiedlichste Weisen zeigen und den Kunden miterleben lassen. Die extreme Ausrichtung auf Nahbarkeit, Ehrlichkeit und Authenzität macht die Marke natürlich angreifbar, ist im Kern aber die Stärke Lushs.

Hör‘ auf dir selbst im Weg zu stehen

„Ne, ich pack das nicht!“ – „Ich kann mich doch nicht gegen die wehren.“ – „Den Job kriege ich eh nicht.“ – „Dafür bin ich doch viel zu schwach.“

Solche Phrasen hören wir täglich, geben sie oft genug selbst von uns, machen sie zu einer Selbstverständlichkeit, die man einfach so hinnimmt. Ohne zu hinterfragen, woher wir so sicher wissen, dass wir unfähig sind etwas zu unternehmen – und ergeben uns dem Gefühl der Hilflosigkeit. Es ist einfacher das eigene Elend zu akzeptieren statt etwas dagegen zu tun. Zumindest auf einer oberflächlichen Ebene.

Eine Außenwand eines Backsteinhauses aus der Froschperspektive.

Mangelndes Selbstbewusstsein, negative Erfahrungen, Depressionen: Die Gründe, warum wir uns nicht in der Lage sehen, etwas zu unternehmen, sind divers und mannigfach. Was viele Situationen aber gemeinsam haben, ist das eine Person ihre eigene Hilflosigkeit akzeptiert und verinnerlicht hat. Die Theorie dahinter ist einerseits so denkbar simpel und andererseits doch so tiefgreifend, dass es für jeden lohnt, sich damit auseinanderzusetzen.

Die Basis für diese Theorie stammt von Martin E.P. Seligman (Seligman, Martin E.P. Learned Helplessness. In: Annual Review of Medicine. 1972 23:1407-412), der an der University of Pennsylvania eine Reihe von Experimenten an Hunden durchführte, die einem schon beim Lesen gehörig Bauchweh bereiten: Mehrere Gruppen von Hunden werden Stromschlägen ausgesetzt, um zu beobachten ob, wie und unter welchen Bedingungen sie den Schmerzen entgehen. Gruppe A, die anfangs Stromschläge erfuhr, gegen die sie sich nicht wehren konnte, unternimmt auch keine weiteren Versuche den Schlägen zu entkommen, auch wenn es durchaus möglich gewesen wäre. Gruppe B, die anfangs ebenfalls Stromschläge erfuhr, sie aber durch bestimmtes Verhalten stoppen konnte, findet schnell Möglichkeiten auch im weiteren Verlauf des Experiments vor den Elektroschocks zu fliehen. Gruppe C, die zuvor keinerlei Stromschläge bekommen hatte, reagiert im Anschluss wie Gruppe A und unternahm keine Versuche zu fliehen. Werden Gruppen A und C jedoch in die richtige Richtung gelenkt (sprichwörtlich: Die Hunde werden an einer Leine in den sicheren Bereich des Raums gezerrt), lernen sie schnell, wie sie sich verhalten müssen, um weiteren Schmerzen zu entgehen.

Ein grausiges Experiment aus den späten 1960ern, das dennoch zu wichtigen Erkenntnissen geführt hat: Befindet sich ein Lebewesen in einer Situation bzw. Notlage, in der es scheinbar keinerlei Kontrolle über Erfahrungen und Ergebnisse hat, wird diese Hilflosigkeit auch in späteren Situationen gefühlt, in denen es durchaus möglich wäre, Kontrolle zu erlangen.

Dieses Konzept lässt sich auf viele Situationen übertragen:
Schüler, die nach gescheiterten Prüfungen der festen Überzeugung sind, sie seien zu „dumm“ für dieses Fach.
Menschen, die in ungesunden Beziehungen bleiben, weil sie denken, dass sie es nicht besser verdient haben und keine bessere Situation finden werden.
Arbeitnehmer, die seit Jahren mit ihrer Arbeitssituation unzufrieden sind, aber nicht auf Jobsuche gehen, weil sie sich nicht als qualifiziert genug sehen oder glauben, dass es woanders ja doch genauso sei.

Die individuellen Umstände sind natürlich immer unterschiedlich, letztlich ist der kleinste gemeinsame Nenner jedoch, dass Personen nicht gelernt haben mit Notsituationen umzugehen – sei es die Erfahrung von Gewalt oder das Scheitern in einer Prüfung. Es fehlt im gewissen Maße das, was in der Forschung zunehmend untersucht wird: Resilienz. Wie wir mit „traumatischen“ Erfahrungen im gröbsten Sinne umgehen und wie erfolgreich wir sie überwinden, hängt von verschiedenen Faktoren wie beispielsweise dem sozialen Umfeld ab.

Ein schwarz-weiß gekachelter Fliesboden. Am unteren Bildrand sind mittag zwei Füße zu sehen.

Zugegeben, bis hier war dieser Beitrag ein ziemlicher Spaßverderber: Negative Einstellungen, misshandelte Hunde und an unserem Elend sind häufig wir selbst schuld. Aber es wird besser. Denn wenn dieser Miesepeter-Beitrag eins hervorstellen soll, dann ist es eins: Wir können etwas ändern. Wir glauben, hilflos zu sein und unsere Situation nicht verbessern zu können. Dabei haben wir es oft genug nicht einmal richtig (!) versucht.

Also, was tun?

  • Realistische Ziele setzen
    Über Nacht wird kein Wunder geschehen. Definiere dein Ziel und sei realistisch, wie erreichbar es für Person X ist. Nicht für dich selbst oder die super talentierte Person, die du immer beneidest, sondern irgendeine fiktive Durchschnittsperson.  Dann wird es auch auf dich zutreffen.
  • Kampfplan zurecht legen
    Zerlege den Weg zum Erreichen des Ziels in möglichst kleine Einzelteile und plane dir die Etappen so ein, dass du sie auf jeden Fall erreichen kannst.
  • Nimm’s nicht persönlich
    Pläne scheitern. Schlechtes Timing, äußere Umstände, unrealistische Ziele. Manchmal klappt es nicht. Und das ist dann kein Teil deiner DNA, der das Scheitern festlegt, oder das Universum, das es auf dich abgesehen hat – es ist passiert und es hätte jedem anderen passieren können.
  • Analysiere Fehlversuche
    Wenn etwas schief läuft, untersuche genau, woran es lag. „Ich kann das einfach nicht“, ist weder eine Ursache noch ein legitimer Grund. War zu wenig Zeit eingeplant? Wurdest du immer wieder gestört und unterbrochen? Das sind Ursachen. Und die kann man beheben.
  • Entwickele Strategien für Dinge, die du nicht kontrollieren kannst
    Du willst jeden Tag 15 Minuten laufen gehen, aber ausgerechnet dann, wenn du raus willst, fängt es an zu stürmen? Blöd gelaufen, aber das musst dich nicht hindern. Neben der offensichtlichen Wahl des Fitnessstudios gibt es auch genug andere Möglichkeiten Ausdauertraining in den eigenen vier Wänden zu absolvieren.
  • Finde Unterstützung
    Nicht jeder hat ein unterstützendes Umfeld in Form von Freunden und Familie, aber Foren oder Seiten, die sich mit deinem Interessengebiet auseinander setzen, gibt es massenhaft. Finde deine Gruppe statt dich zu isolieren.

Trotz allem kann es immer noch daneben gehen. Es ist ein langer Lernprozess den Unterschied zwischen externen, unkontrollierbaren Einflüssen und selbstverursachten Problemen zu finden. Das sollte dich jedoch nicht entmutigen. Auch ein Fehlversuch ist ein Versuch (schließlich hast du die Initiative ergriffen!) und kann dich weiterbringen. Wichtig ist, wie du damit umgehst und dass du dich nicht entmutigen lässt. Jeder darf sich mal in seinem eigenen Elend wälzen, aber eben nicht für immer.

Ein Close-Up von zwei Sonnenblumen von oben, im Hintergrund liegt eine gelbe Postkarte auf grauem Untergrund mit der leicht unscharfen Aufschrift: "Wake up. Kick ass. Repeat.
Warte nicht darauf, dass sich etwas ändert – das ist deine Aufgabe.

Also geh‘ los, höre auf dir selbst leid zu tun und mache etwas, um deine Probleme zu lösen. Denn die wenigsten Probleme sind wirklich, komplett, endgültig, überhaupt niemals gar nicht unlösbar. Los, ab mit dir!