Schrödingers Influencer: Warum machen alle [Werbung]?

Derzeit fluten Disclaimer wie [Werbung] die deutsche Ecke von Instagram – auch wenn man lediglich, das Café, in dem man das instagrammable Frühstück zu such genommen hat, markiert und ein Produkt empfiehlt, das man selbst gekauft hat und einfach gut findet, ganz ohne Aufforderung. Hintergrund ist ein Urteil des Berliner Landgerichts gegen die Bloggerin Vreni Frost – ein Urteil, dessen Echo schwer in der deutschen Medienblase diskutiert und an vielen Stellen aufgebauscht worden ist. Der durchschnittliche Instagram-Nutzer wird davon aber herzlich wenig mitbekommen haben bis kurz darauf die eingangs erwähnte [Werbung]-Flut Instagram überschwemmte. Für eine etwas ausgewogenere Einschätzung des Urteil kann ich übrigens diesen Artikel hier empfehlen. Übrigens, ist das jetzt unaufgeforderte, unbezahlte Werbung?

Ob und wie Influencer bezahlte Kooperationen oder unbezahlte, unaufgeforderte Empfehlungen als Werbung kennzeichnen müssen, möchte in diesem Beitrag nicht erläutern – sondern woher diese Aufmerksamkeit auf Influencer Marketing kommt.

Trust me, I’m an influencer

Es klingt eigentlich zu gut um wahr zu sein: Man empfiehlt Produkte, die einem gratis zugesendet worden sind und du kriegst Geld oben drauf. Aber warum lassen sich Marken überhaupt auf dieses Spiel ein? Es ist eigentlich denkbar einfach: Wenn klassische Werbung zwar noch funktioniert, aber längst nicht mehr so gut wie früher, und Online-Werbung vor den meisten Adblockern in die Knie geht, dann muss man eben umdenken. Und Influencer sind die eierlegende Wollmilchsau für Marken: Sie haben die mediale Reichweite, bringen eine vorausgewählte Zielgruppe mit sich und das Interesse und meist sogar Vertrauen der Follower – perfekte Grundvoraussetzungen.

Was heißt hier aber Vertrauen? Vergleichen wir doch folgende Situationen: Du siehst ein Plakat auf der Straße, dass dir einen neuen Brotaufstrich empfiehlt. Würdest du den Aufstrich kaufen? Vielleicht, wenn dich die Geschmacksrichtung anspricht oder wenn du bereits ähnliche Produkte dieser Marke ausprobiert und für gut befunden hast. Nun stellen wir uns vor, du hast zuvor noch nie von diesem Aufstrich gehört und ein Bekannter empfiehlt es dir ganz nebenbei, weil er oder sie ihn so gut findet. Muss ich noch fragen, welcher Empfehlung du eher nachgehen würdest? Wir hören eher auf Freunde, Familie und Bekannte, weil sie (vermutlich) nichts davon haben, dir ein Produkt weiterzuempfehlen. Weil Produktempfehlungen nicht das einzige Thema in eurer Beziehung sind, sondern nebenbei passieren. Und diese Personen kennen dich und wissen vermutlich, was zu dir passt und was nicht. Das, was wir üblicherweise als Werbung wahrnehmen, sei es nun ein Plakat, ein Radio-Spot oder eine Online-Anzeige kann nur hoffen, dich so auf dich zugeschnitten ansprechen zu können. Tatsächlich hören im weltweiten Schnitt 83% der Bevölkerung auf Empfehlungen von Bekannten und Familie – ein Wert, von dem klassische Werbung nur träumen kann.

Kenne deine Zielgruppe und du bist der Boss

Und hier bauen Influencer eine faszinierende Brücke: Sie sind die Person, die wie du und ich ist, vielleicht augenscheinlich ein bisschen cooler und informierter. Aber sie verringern die Distanz zwischen den Konsumenten und der Werbung. Sie sind vielleicht nicht dein Freund, aber sie können sich ein bisschen wie einer anfühlen, wenn sie auf Kommentare und Nachrichten antworten und in ihren Bildunterschriften immer dieses ominöse „euch“ benutzen: „Was steht bei euch heute so an? Wie findet ihr das und das?“ Da ist es also wenig verwunderlich, dass nach einer Studie der Keller Fay Group 82% der Konsumenten „sehr wahrscheinlich“ der Produktempfehlung eines Micro-Influencers nachgehen würden. Nicht unwichtig ist dabei auch die Einschätzung von Influencern als Experten, auch wenn tatsächlich das Gegenteil leider oft der Fall ist. Hier spielt eine grundlegende Theorie der Kommunikationswissenschaften eine große Rolle: die der Meinungsführerschaft. Menschen, die sich weniger intensiv mit Themen beschäftigen und informieren, suchen oder nehmen Rat von Menschen an, die sich intensiv mit den entsprechenden Themen auseinandersetzen und daher als kompetent, also als Meinungsführer, betrachtet werden. Auch wenn die These von Lazarsfeld, Berelson und Gaudet nicht eindeutig nachzuweisen ist, bleibt sie bis heute (vielleicht sogar mehr denn je) relevant – besonders im Online-Raum. Jeder größere Instagram-Account hat einen spezifischen Fokus, seien es Beauty, Ernährung, Sport, Reisen oder ähnliche. Die Annahme, dass die Person hinter diesem Account sich folglich gut mit diesen Themen auskennt, ist naheliegend – wer sich so häufig mit einem Thema auseinandersetzt, wird schon wissen, wovon er oder sie redet. Oben drauf hilft diese thematische Ausrichtung Marken natürlich die passende Zielgruppe zu finden: Vegane Nahrungsergänzungsmittel lassen sich beispielsweise besser über einen veganen Instagrammer verkaufen als über den Steak liebenden Fitness-Influencer.

Wunderwaffe Influencer-Marketing?

Das Influencer-tum ist aber auch ein zweischneidiges Schwert: Marken suchen zwar Menschen mit einer großen Followerzahl, denn schließlich können die eine größere Zahl an potenziellen Kunden ansprechen. Wer aber viele Follower hat und häufig Produkte empfiehlt – erst recht, wenn die empfohlenen Marken häufig wechseln und selten wiederkehren – verliert auf Dauer an Vertrauens- und Glaubwürdigkeit. Daher auch die Differenzierung zwischen Influencern und Micro- und Macro-Influencern in der oben erwäjhnten Keller Fay Studie. Denn letztlich kommt das Vertrauen nicht durch die Anwesenheit auf der gleichen Plattform, sondern durch die Beziehungspflege. Wie in nahezu allen Aspekten der Kommunikation, sei sie nun politisch, kommerziell oder privat, kommt auf die Beziehung und Authentizität der Beteiligten an. Denn wer mag schon Lügner?

Und genau deswegen ist eine Diskussion solcher Fragestellungen wie im Fall Vreni Frost im öffentlichen Raum so wichtig: Solange Konsumenten unaufgeklärt sind und keine Möglichkeit haben, zwischen privaten und kommerziellen Empfehlungen zu unterscheiden, bleibt viel Raum für Unfug und Heuchelei. Ob es aber sonderlich förderlich ist, pauschal alles als Werbung zu deklarieren, ist fraglich. Ebenso wie die Tatsache, dass solche Themen selten die Medienblase verlassen und die Allgemeinheit erreichen. Da brauchen wir wohl dringend mehr Meinungsführer im Medien- und Online-Bereich.

Von der Kunst den Mund aufzumachen

Prägende Erlebnisse erkennt man häufig erst im Nachhinein als die einschneidenden Momente, die sie sind. Meine letzte größere Offenbarung dieser Art trat mit etwa fünf Jahren Verspätung ein. So viel zum Thema mein Dickkopf und ich.

Es war einer der alltäglichen Momente im Aufenthaltsraum der Oberstufe, eine der alltäglichen Diskussionen, die ich mit einem Mitschüler zu haben pflegte. Er war überzeugter konservativer CDU-Wähler, ich überzeugte keine-Ahnung-irgendwie-sind-alle-scheiße-Wählerin. Es war eine Beziehung, die ich, trotz der fundamentalen Unterschiede in nahezu allen unserer Überzeugungen, sehr schätzte – denn wir diskutierten wirklich, oft vehement, nie einig, aber jedes Mal erhellend. Sollte diese Person das heute lesen: Beste Grüße! Ich habe damals auch Überzeugungen vertreten, die mich heute nur verzweifelt den Kopf schütteln lassen – hoffe, dir geht’s auch so.

Anlass dieser einen spezifischen Diskussion war sein Statement, dass Frauen daheim an den Herd gehörten, sie sollten bei der Familie bleiben und höchstens Teilzeit arbeiten gehen. Meine Position kann man sich denken: Geht’s noch? So diskutierten wir, kassierten mit Sicherheit den ein oder anderen genervten Blick unserer Mitschüler – ich mag es mir auch eingebildet haben – bis wir abermals an den Punkt kamen, dass jeder seine Argumente verschossen hatte und keiner vom anderen überzeugt zurück blieb. Sein abschließendes Statement kam mir erst vor Kurzem wieder in den Kopf: „Du bist ja eh so eine.“ Auf meine Nachfrage hin, was für eine ich denn genau sei, bekam ich nur sein genervtes Kopfschütteln zurück. Bis heute frage ich mich: Was bin ich denn nun eigentlich für eine?

Im Studium war meine Antwort selbstbewusst, dass ich eine Feministin sei – heute fällt sie ähnlich aus, aber immer mit einem erklärenden Nebensatz. Dass der Begriff ein Image-Problem hat, ist bei weitem nichts Neues – die einen schreien wie vom ersten Tag an, dass der Feminismus mit Männerhass gleichzusetzen sei, während die anderen stolz ihr „Feminist“-Shirt für 10 Euro tragen (been there, done that). Deshalb ist es mir wichtig meinem Gegenüber zu erklären, warum ich mich so verstehe und wie ich den Feminismus auslege – denn der kann wie nahezu jede Bewegung unterschiedlichste Formen annehmen. Meine Sorge ist weniger die persönliche Ablehnung meines Gegenübers, auch wenn das durchaus ein Punkt sein kann, sondern dass eine weitere Person abblockt, ehe sie den tatsächlichen Kern der Sache verstanden hat. Veränderungen sind selten sanft und machen es nie jedem recht – gesellschaftliche erst recht nicht – aber ich sehe größeren Nutzen darin Vorurteile ab- und Verständnis aufzubauen. Ich vertrete meine Meinung klar und deutlich, möchte aber auch diskutieren.

Oder um es mit einer Passage aus Margarete Stokowskis „Unterum frei“ zu sagen:

„Eine Haltung zu haben bedeutet auch, dass man nicht „eigentlich“ für etwas ist, sondern wirklich. Dass man seine Werte im Konfliktfall verteidigt und nicht ausblendet. Das heißt nicht, dass man den ganzen Tag mit Leuten streiten muss, denn das hält keine Sau aus, und man stirbt dann an einem Magengeschwür, bevor die Revolution fertig ist. […] Wir hören dann entweder, dass wir uns unrealistisch viel vorgenommen haben und es ein solches Maß an Freiheit nie geben wird. […] Oder wir hören, es sei vielleicht ein bisschen übertrieben, für Gleichberechtigung zu kämpfen, im 21. Jahrhundert, in Europa, denn so schlimm ist es hier ja wohl nicht. […] Was ist das für ein Bild von Geschichte, in dem Ungerechtigkeiten von allein weggehen?“ (Seite 192f.)

Wir müssen reden, diskutieren, auch mal streiten. Kein Problem hat sich jemals durch Schweigen und Ignorieren gelöst. Allzu oft verwechselt man das heute mit „Das wird man doch noch sagen dürfen“, dem Arschlochsein unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit. Sag‘ deine Meinung, aber wenn du das nur tust, um anderen auf die Füße zu treten, während du jeden Hauch eines Gegenworts ablehnst – dann, mein Freund, darfst du das, aber du bist leider ein Arschloch.
Es ist witzig, dass eine Äußerung zur Meinungsfreiheit als Menschenrecht fälschlicherweise oftmals Voltaire zugesprochen wird, obwohl es doch von der Autorin seiner Biografie, Evelyn Beatrice Hall, stammt: „I disapprove of what you say, but I will defend to the death your right to say it.“

Niemand wird gerne beim Sprechen unterbrochen. Niemand hört sich gerne von anderen an, welche Fähigkeiten er oder sie nicht hat – erst recht nicht, wenn die sich äußernde Person keine Grundlage für diese Behauptung hat. Niemand wird gerne klein geredet. Niemand erlebt gerne Ungerechtigkeiten und nimmt sie still schweigend hin – also warum sollte ich das tun? Manchmal ist es schwer den Mund zu öffnen, manchmal versteht man erst später, woher dieses Unwohlsein stammt und bereut es, nicht sofort etwas erwidert zu haben. Wenn ich aber Leuten gegenüber stehe, die ich mag, mit denen ich zusammen arbeite oder sonst wie in Verbindung stehe, will ich nicht „so eine“ sein. Wir Menschen wollen gemocht werden, das liegt als soziales Wesen regelrecht in unserer Natur. Aber dem gegenüber steht der Drang, sich zu wehren – und das Wissen, dass es sich wahrscheinlich wiederholen und zum Muster werden wird, wenn man nicht jetzt handelt.

Möchte ich die Person sein, bei der man nicht entspannt reden kann? Möchte ich die Person sein, die man nicht bei seinen Projekten dabei haben will, weil sie nur aufmuckt? Möchte ich meine Karriere damit sabotieren, weil ich nicht stillschweigend hinnehme, was sich nicht richtig anfühlt?

Wie unwahrscheinlich es aber ist, dass man als Frau ohne Grund, vollkommen spontan und nicht durchdacht, eine Diskussion beginnt, das wird gerne vergessen. Zu artikulieren, dass man etwas unfair und unangebracht findet, kostet Kraft, Zeit und macht einen verletzlich. Schließlich äußere ich damit, dass es mich in irgendeiner Form betroffen macht. Oder um es mit einer Passage aus Natalie Portmans Rede auszudrücken: „Stop the rhetoric that a woman is crazy or difficult. If a man says to you that a woman is crazy or difficult, ask him: „What bad thing did you do to her?“ ( ab 12:04). Zu groß ist das Bedürfnis akzeptiert und gemocht zu werden, zu stark der anerzogene Drang sich anzupassen.

Dabei profitieren wir alle von solchen Diskussionen. Wer immer nur im selben Teich fischt, im eigenen Saft schmort, wird sich auch nie verändern, nie besser werden. Wir alle verfügen über eine unglaubliche Vielzahl an Erlebnissen, Erfahrungen und Wissen – wenn wir sie miteinander teilen, in einem Umfeld, das Diskussion nicht scheut, sondern pflegt – lernen wir dann nicht alle voneinander und wachsen gemeinsam?

Wenn ich meinem Gegenüber sage, dass ich sein Statement für unangebracht halte und meine Gründe erkläre, gebe ich dieser Person die Möglichkeit eine andere Erfahrungswelt zu verstehen und in Zukunft darauf zu achten. Wenn ich das Statement vielleicht falsch interpretiert habe und mir die andere Person ihre eigentlichen Gedanken dahinter verrät, kann auch ich von einer anderen Erfahrungswelt profitieren. Diskussionen, ehrliche Meinungsäußerung und -austausch kosten Zeit, Energie und manchmal Nerven. Aber wenn man respektvoll miteinander diskutiert, enden sie häufiger in einer Win-Win als in einer Lose-Lose-Situation oder einem Nullsummenspiel.

Und damit soll dieser Text ein Reminder sein – für andere wie für mich – dass niemand gewinnt, wenn man im Stillen beleidigte Leberwurst spielt. Wir müssen den Mund aufmachen, wenn wir reden wollen. Und nur wer redet und handelt, verändert.

Sirona Viola

The Digital Revolution of HR?

Stefanie Stanislawski firmly believes that HR will become the next big thing – and this is why she founded PredictivePeople, a computing software analysing employees‘ level of (dis-)engagement, stress and satisfaction in a company. In this interview, she shares her views on the future of modern work, diversity and motherhood and entrepreneurship.

Heute ausnahmsweise ein Beitrag auf Englisch, denn meine Interview-Partnerin Stefanie Stanislawski kann zwar Deutsch, fühlt sich auf Englisch aber wohler. Sie ist die Gründerin des Startups PredictivePeople, das im Kern eine Software ist, die die Zufriedenheit der Arbeitnehmer misst. Woher diese Idee stammt und warum ihr die Weiterentwicklung von HR so wichtig ist, erzählt sie mir im Interview.

Sirona: I’ve heard you talk about PredictivePeople and done my research. But I’d like to hear from you again: What is PredictivePeople and why does it matter?

Stefanie: Well, first of all, thank you for taking the time to research about PredictivePeople!
PredictivePeople is a disruptive cognitive computing software which measures employees’ levels of engagement and stress, while suggesting a personalised approach to retain talent – which includes a detailed guideline for the manager and HR, and access to a tailored rewards platform for the user.
To do so it synthesizes data from various information sources, such as internal data (like corporate emails and chats) and publicly available information (such as social networks, blogs, job boards and others). Our algorithm weights context and conflicting evidence to suggest the best possible outcome. To achieve this, we use self-learning technologies that use data mining, pattern recognition and natural language processing (NLP) to mimic the way the human brain works.

It matters because companies are facing a huge disengagement problem, according to recent studies only 12% of their employees are fully engaged, representing an annual global cost of $7 trillion. Nations are seeing a peak in healthcare costs due to stress-related diseases. And individuals like you and I are tired of working for a company where we’re not treated as unique, where no one has the time to know who we are, what we want and how we are feeling. And I really believe this will worsen with the Millennials and further generations.

Sirona: What sparked your passion for HR and talent acquisition? Has there been a key moment that you can connect to the idea of PredictivePeople?

Stefanie: I am an engineer, but I’ve been working in HR for over 10 years. I just knew it from the start – I tried other departments, but nothing made me as happy as HR does. I always used to say HR would become the “next-big-thing” in any corporation, and I guess I wasn’t wrong!
The connecting moment was back in 2015 – I was extremely disappointed, demotivated and stressed at work, and realized no one cared or noticed. And I wasn’t the only one, but managers didn’t have the time to recognize the problem, and there were no tools around to help them figure out things.

Sirona: „PredictivePeople has been created to help organizations get visibility of people who are disengaged in the company, predict who has the highest chance of success to perform in the role and to map the market for possible successful candidates.“ How does PredictivePeople even define engagement and disengagement?

Stefanie: We don’t, users do. We believe people are the main driver of business success, and that’s why we are building a dynamic algorithm which adjusts to the person, and not the other way around. What causes me to become disengaged, could be very different to you or someone else. Especially if you include things like cultures or locations, the algorithm needs to be smart enough to adapt and learn from individual behaviours.
Our system analyses over 200 weekly meta data to measure the variables that influence whether an employee is at risk of burnout or disengagement.

Sirona: „Disengagement in a company“ sounds really negative, it might even give the employee a bad reputation and negatively influence how their performance is seen. How does PredictivePeople deal with this problem? And what about „real-time visibility of an employee’s engagement“- this can sound rather intrusive and big brother-like. What are your thoughts on that?

Stefanie: Well, first of all, 88% of employees are disengaged – it is no longer the problem of 1 person, this is a global emergency! And because companies are really struggling to find and keep talent, which has become the scarce resource, I don’t see why being disengaged would give an employee a bad reputation! On the contrary! Companies are now being „pushed“ to do something to revert the situation and make sure they can offer the right challenges for all, a healthy level of customization, sense of purpose and appreciation for their people.
I honestly think in today’s workplace; a month is already a very long time. Not to mention a year or three! Today’s engagement surveys are usually done once a year, in an anonymous way, with no real actions afterwards. This doesn’t change anything, and that’s why people no longer believe in these measures. PredictivePeople provide ongoing, unobtrusive scores so that managers know how their actions impact their teams – for example, what’s the ROE (return on engagement) from a corporate event? Or how is the new MKT director impacting on the sales team’s stress levels? The only way to quickly do something about it, is of you diagnose it on time.

Sirona: Do you think that sexism, racism, ageism and other forms of any sort of prejudice could be avoided with the help of PredictivePeople?

Stefanie: Yes, in the end, all answers are weighted equally. And I believe the real impact of this will come in a later stage of development, in which we’ll include predictive recruitment to the mix. The idea is that this is done 100% bias free. We’re still working on this part, and we expect to have it ready by 2020.

Sirona: Doesn’t this make recruiting teams obsolete?

Stefanie: No! I don’t think AI will replace humans, from my perspective it just provides us with the right tools and data to make faster and more accurate decisions in different areas. The same applies to recruitment, people will now know when they need to start hiring for new skills, before a person decides to leave, giving them enough room to manoeuvre.

Sirona: You also call yourself an advocate for women and millennials. How come? Plenty of people would say that we already have all we need.

Stefanie: I am a millennial mother, an entrepreneur, a business advisor, ambassador for a global women initiative, and I must say my life is not easy. If I could summarize it, the moment women (at any stage of their life) have the same professional opportunities as men, the moment society respects equally the decisions that a woman takes, and in the moment that a man has the same responsibilities and rights than a woman to exercise their role at home, then we can say that we have everything we need. But according to recent studies we’re still 200 years behind.

Sirona: What would you say is the key difference between Gen Y and older generations like the baby boomers career-wise? Do you think one of these generations is more prone to leave a job because of dissatisfaction?

Stefanie: Two things: our education and the access to technology. I could talk about this for hours, it’s a subject I am truly passionate about. Millennials and Baby Boomers had both very different foundations, and that shows in how we approach our careers. Millennials want to experience and learn, they have the need to feel special and unique, and with amazing education and distinctive skills, we’re slowly shaping the future of work. We don’t believe in loyalty or retiring from the same company. We just want to use our job as a platform to acquire knowledge and new experiences. Baby Boomers were hard-working, they delayed rewards as much as possible, they lived in a very prosperous market, which allowed them to benefit from social security, low mortgages…things newer generations won’t see.
Millennials are extremely demotivated at work, especially in Western Europe; rigidity of current structures don’t allow them to experiment, grow, experience and practice what they know. And in return, there’s a really high turnover rate from people of this generation.

Sirona: You talk about your company’s unique AI algorithm, an expression that is often talked about but still seen as an intimidating concept with many companies admitting their confusion about AI and how to use it. Do you think that this fear of the – for many still – unknown will make it harder for PredictivePeople to gain foothold in the B2B market?

Stefanie: Yes, but these things happen when new disruptive tech appears. It takes time to understand it and use it. It also depends on the market, UK and US are usually very open to new start-ups, innovation and are eager to try new things – we’re working with companies there who understand what we’re doing, they will help us show the world that there’s a new way of doing things, placing individuals as the real driver of business success.

Sirona: What is your vision for PredictivePeople’s future? Where do you see your company in five years?

Stefanie: We are aiming to open a new market, driven by the employee experience and technology. We want to place the individual as the real driver of business success. We want to transform how people relate to the HR function. We want to grow globally – starting in UK, US, then moving to LATAM and Asia, and finally coming back to Europe. We want to partner with key players in the traditional HR world who need a tech boost like the one we can offer. We want to build a dynamic company, trust-based, global-based, and completely out of the ordinary.

Sirona: People are divided on what I like to call the mum question: Should you ask a female professional who also happens to be a mother how she „does it all“? You seem to have clear stance since you talked about your role as mother before and call yourself a mompreneur. So my question to you: How do you do it all? And what is your stance on that question?

Stefanie: Routine, patience, discipline, research, meditation, you name it! Basically it’s a mix between perseverance, living one day at a time, but never losing track of the big picture, trying your best every day, and loving your “tribe” with all your heart. I don’t mind about the question; I am actually eager to know how other moms do it! I know we never ask the same to dads, but maybe we should, and we would learn a lot from them as well – my husband is definitely better at getting our baby ready in the morning – I still don’t know how he does it!

Sirona: What is your advice for young professional women?

Stefanie: Fight every day for the world you want to live in and the one you want for future generations. Choose the “hard path”. Don’t feel pressured to get married nor to have kids. If you do get married, choose wisely – make sure it’s a person who will support you in every stage, from which you’ll learn, and who won’t try to change you EVER. Find mentors who help you deal with tough decisions. Never lose track of your friends.

Sirona: And to finish this up, here’s a not quite easy one: How would you describe PredictivePeople to a not-so techy grandparent?

Stefanie: I explained the following to my dad, who’s 76 years old: “Dad, imagine your iPhone (because grandparents now have iPhones) could have the possibility to understand you, what you do, what you search on Google, who you talk to… Now imagine he (let’s assume it’s a “he”), could use that information to make your life better. For example, he knows you like to read Historical Novels, so he’d weekly suggest new books which match your taste. Or he would make a reservation for you and your friends to go golfing next week. Or he’d remind you to take your pills, and once they’re running low, he would ask the drug store to send you more. Would you find that useful? Well, this is called artificial intelligence, and PredictivePeople is kind of the same, it is a smart tool inside people’s computers which understand how employees in companies behave and make their life, their manager’s life and HR’s life better. How? PredictivePeople knows how each user behaves, it has access to multiple data which gives the tool important hints, that it then turns into scores and personalities. It is able to identify when someone is becoming disengaged or stressed, then, because PredictivePeople knows who’s that person, it suggests a series of rewards or programs that match his/her personality and needs, which would make that person happier, for example, taking yoga classes, going on holidays or taking a day off. It also alerts his/her manager, and tell him/her what to do to help that specific person. Isn’t that amazing?”

His answer: “I want that on my iPhone! And better make it a she.”

Innovatives Arbeiten für Familien und Kind Gebliebene

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist seit Jahren Streitthema, eine Verbesserung ist so bald nicht in Sicht. Wer keine Unterstützung durch die Familie bekommen kann, kann im Prinzip nur auf einen flexiblen Arbeitgeber hoffen – und selbst das bietet nur geringe Entlastung. Jana Ehret und Yvonne Schrodt kennen dieses Problem und haben sich eine eigene Lösung geschaffen: CoWorkPlay, ein Coworking-Space, das nicht nur Räume, sondern auch eine pädagogische Betreuung für Kinder bietet. Ich habe mit den beiden über das Konzept von CoWorkPlay gesprochen, welche Herausforderungen ihnen begegnet sind und was als nächstes ansteht. So viel will ich verraten – nächster Stop: Weltherrschaft.

Zwei dunkelhaarige Frau lehnen an einen Tisch und blicken frontal lächelnd in die Kamera. Hinter ihnen ein buntes Graffiti der Frankfurter Skyline.
Ein Power-Couple der Frankfurter Startup-Szene: Yvonne Schrodt und Jana Ehret

Sirona: CoworkPlay, der Name ist Programm. Wie kamt ihr auf die Idee?

Jana: Weil ich mir damals dachte, dass es nicht sein kann, sich als Frau entscheiden zu müssen: Karriere oder Kind. Mein Problem war, dass meine Eltern nicht in der Nähe waren; ich wollte Kinder, dachte mir aber gleichzeitig: „Dafür hast du doch nicht studiert, das kann’s doch nicht sein.“ Konkrete Lösungen gab es nicht: Kitas waren entweder heillos überfüllt oder am Ende der Welt. Von den Aufnahmezeiten will ich gar nicht erst anfangen. Und Arbeitgeber waren noch nicht so flexibel – bei Yvonne gab’s damals glücklicherweise eine Ausnahme -, aber die Arbeitgeber, die ich bis dato kennengelernt habe, waren nicht so flexibel, dass man es gut vereinbaren konnte. Da musste irgendwie eine Lösung her, damit du beides sein konntest – weil nur Mutter sein, die üblichen Muttergespräche führen, auf dem Kinderspielplatz versauern und sich denken, „Okay, ich bin eine Frau und ich kann eigentlich noch viel mehr“, kam für mich nicht in Frage. Und daher kam das Konzept: Ohne sich zu zerreißen, alles unter einem Dach zu haben, Business-Frau zu sein: erfolgreich sein, Unternehmen zu führen, ein Startup zu führen, gleichzeitig aber auch in der Lage zu sein, Eltern zu werden und die Kinder auch einfach mitzuerleben. Ich sage zwar immer Business-Frau, wobei das eigentlich auch für die Väter gilt. Die Kinder morgens nicht nur in der Kita abzugeben, um sie abends wieder abzuholen und sich dann die Frage zu stellen, was man eigentlich von seinem Kind hat.

Sirona: Die Beschreibung aus deiner Perspektive zeigt auch schön, dass CoWorkPlay erst mal dein Projekt war und Yvonne erst später dazu kam. Wie habt ihr denn zueinander gefunden?
Beide lachen und grinsen sich an.

Jana: Social Media sei Dank: Facebook. Mein damaliger Gründungspartner ist damals nach einem Dreivierteljahr ausgestiegen, zurück in die Angestelltenrolle und ich hatte dann in einer Facebook-Gruppe für Rhein-Main-Startups den Post gesetzt: „Junge Gründerin mit toller Idee sucht!“ Wie so eine klassische Kontaktanzeige. Daraufhin meldete sich dann black chili (Anm.: Company Builder) entgegen meiner Erwartung, dass sich bestimmt niemand melden würde. Aber da bin ich dann zu black chili und da war Yvonne. Im roten Blazer. Alle lachen.

Sirona: Oh, so genau gemerkt?

Jana: Ja, der rote Blazer ist im Kopf geblieben. Wenige Tage später hieß es dann, dass black chili eine Lösung habe, denn man hatte zuvor selbst die Idee eines Coworking-Spaces verfolgt, auch wenn es eher als Startup-Center angedacht war. Und dieses Projekt lief parallel zu CoWorkPlay, da war der Gedanke natürlich naheliegend, das irgendwie zu verheiraten. Nach einem internen Gespräch war dann klar, dass Yvonne das gerne machen würde. Denn sie kennt genau diese Problematik und irgendwie habe ich sie überzeugen können. Schaut grinsend zu ihr. Was auch immer ich da getan habe.

Yvonne: Ich fand das super spannend, eben weil ich dieses Thema als Mama selbst kenne. Ich hatte das Glück damals einen sehr flexiblen Arbeitgeber gehabt zu haben, der sagte: „Es ist egal, wo du sitzt, das geht auch aus dem Home Office.“ Wenn ich arbeiten war, war mein Mann immer da. Daher wusste ich aber auch, wie schwierig das ist, und was es für ein Gefühl ist, wenn du dein Kind irgendjemandem geben musst. Das wäre für mich überhaupt nicht in Frage gekommen. Und deswegen fand ich dieses Konzept so toll. Aber ich wusste, wir (Anm.: bei black chili) haben ein anderes Coworking-Konzept, das wir verfolgten – das war zwar ein schönes Thema, aber wollen wir das denn machen? Und dann meinte Recai Gündüz (Anm.: CEO und Gründer von black chili): „Na, ich hab‘ da eine Lösung – dann machst du das halt einfach selbst!“ Beide lachen, Yvonne ahmt ihre fassungslose Reaktion auf die Aussage nach. „Du wirst einfach Unternehmerin!“ Meine Antwort war schlichtweg: „Du hast sie nicht mehr alle! Will ich nicht.“ Er bat mich aber, einfach mal zu überlegen und ja, ab da nahm das dann so seinen Lauf. Und heute sind wir hier.

Sirona: Trotz eurer Unterschiede, die ihr häufig betont. Was ist eurer Geheimnis, dass ihr ein so gutes Team seid?

Jana: Zu akzeptieren, dass der eine Stärken, aber auch Schwächen hat. Und ihn vor allem für seine Stärken zu schätzen und die Schwächen hinzunehmen

Yvonne: Es ist ja auch nicht so, dass bei uns alles Friede, Freude, Eierkuchen ist. Eben wegen dieser Differenzen, auch weil wir uns erst seit dieser relativ kurzen Zeit kennen, knallen wir auch oft gegeneinander. Wir sind beide Alpha-Tiere und jeder versucht seinen Willen durchzusetzen. Man muss lernen zu akzeptieren, dass es Menschen gibt, die die Arbeit anders machen als man selbst, aber sie kommen genauso zum Ziel wie du auch. Das geht mal leichter, mal schwerer. Wir haben da auch durchaus schon den ein oder anderen Rat von jemand Externem genommen, wenn es um strategische Entscheidungen ging – denn das sind oft Situationen, da ziehen wir in verschiedene Richtungen. Letzten Endes ist das Ziel das gleiche, nur der Weg, der beschritten wird, ist unterschiedlich. Und da braucht man manchmal auch Impulse von außen, um die Wege wieder zusammenzuführen. Man muss lernen sich für die Ziele persönlich zurückzustellen. Und das kann schwer sein.

Jana, nickend: Egal, wie unterschiedlich wir auch sind, wir haben dasselbe Ziel. Wir haben beide viel in das Projekt investiert – und ich rede da nicht nur von Geld, sondern auch von Zeit und Herzblut. Das ist quasi unser Baby und dafür kämpfst du natürlich und willst, dass es dem gut geht. Wenn du dir das verinnerlichst, dann funktioniert die Zusammenarbeit. Da denkst du dir vielleicht, „Das ist vielleicht scheiße gelaufen, aber es geht weiter“, denn im Endeffekt schlägt ja das Herz für dasselbe Ziel. Du hast dich dafür entschieden, du willst es machen und dann machst du weiter, weil du genau weißt, dieser Weg ist nötig.

Yvonne: Aber das muss nicht heißen, dass es uns persönlich schlecht geht. Ja, man muss sich zurücknehmen. Aber es ist fast wie in einer Ehe, du lernst Kompromisse einzugehen, jeder muss mal nachgeben und dann funktioniert es relativ gut.

Jana: Damals beim Notar (Anm.: bei der Gründung) war es fast so, als würde man uns fragen: „Willst du diese Frau zu deiner Frau nehmen?“ Beide lachen. Es hat so ein bisschen was von der Soap Hochzeit auf den ersten Blick. Man kannte sich anfangs nicht, wir sind irgendwie verschieden, aber wir wollten es gemeinsam probieren.

Sirona: Seit der Gründung habt ihr eine Menge gemeinsam gelernt. Wenn ihr Gründern einen Ratschlag ans Herz legen könnt, welcher wäre das?

Jana: Arschbacken zusammenkneifen und springen. Keine Angst davor haben. Wenn du nur darüber nachdenkst zu scheitern, zu verlieren, etwas in den Sand zu setzen, brauchst du nicht zu gründen.

Yvonne: Wenn du nicht zu 100% dahinter stehst, dann lass‘ die Finger davon. Dann scheiterst du. Du wirst scheitern, weil du dich selbst ausbremst – du fährst mit angezogener Handbremse. Überzeugung ist kein Garant dafür, dass du Erfolg haben wirst, aber es ist definitiv so, dass du scheitern wirst, wenn du nicht dahinter stehst. Besonders wenn du keine unterstützende Umgebung hast. Wenn wir unsere Familie und Partner nicht hätten, die uns immer wieder den Rücken freihalten, dann könnten wir das so nicht machen. Das brauchst du um Kraft zu tanken, du brauchst einfach den Rückhalt. Und wenn du dann nicht einmal selbst von deiner Idee überzeugt bist, dann wird das nichts.

Jana: Und vor allem bei Frauen: Sei stolz auf deine Idee. Wenn sich ein Mann dahin stellt (stemmt die Hände in die Hüften und setzt sich auf) und laut meint, „Heeey! Seht her, ich hab‘ das gemacht“, dann kommt eine Frau daher und pitcht (leise, macht den Rücken krumm und zieht die Schultern zusammen), „Ja, ich hab‘ da sowas gemacht und dann läuft das ganz guuut…“ Es ist wirklich so. Ich möchte diese Frauen rütteln und ihnen sagen: „Hey, sei‘ doch stolz drauf. Brust raus, laute Stimme – come on! Du hast etwas ganz Tolles geschaffen, steh‘ doch dazu.“ Warum fällt das einem Mann oftmals viel, viel leichter seine Idee stolz und vollkommen von sich selbst überzeugt zu präsentieren? Da kann die Idee der Frau mindestens genauso gut, wenn nicht sogar besser sein. Sei stolz, steh‘ dazu, feier das. Feiere jeden Tag, was du erreicht hast.

Sirona: Besonders wenn man von außen ohnehin genug Gegenwind erfahren wird.

Yvonne: Es gibt ganz viele, die an dir zweifeln werden; ganz viele, die alles besser wissen und dich belehren wollen. Und ich denke mir, „Natürlich, erzähl‘ mir mehr. Du bist jetzt Angestellte und ich habe ein Unternehmen, bin selbstständig und habe so und so viele Mitarbeiter. Und wir machen jetzt einen zweiten Standort auf. Was genau hast du geschafft?“

Jana: Und feiere deine Erfolge. Kleine Erfolge, große Erfolge, jeden Erfolg.

Yvonne: Anfangs haben wir hier jedes Ding, das hereinkam, gefeiert. Als die EZB kam, habe ich erst mal meinen Papa angerufen. Wenige Hundert Euro oder jeden großen Kunden: Auch wenn du damit nicht die Miete bezahlen kannst, feiere dich.

Jana: Oder als Facebook damals eine Veranstaltung bei uns hatte. Das hat den Maßstab für alles weitere gesetzt – die Events, das Herausfinden, was beim Kunden ankommt. Das macht uns so gut: Wir zeigen jede Menge Professionalität, aber wir haben vor allem das Herz am richtigen Fleck und gehen mit Herzlichkeit hier hinein. Wer durch diese Tür hier kommt, der wird liebevoll begrüßt, als sei es unser Wohnzimmer. Egal, ob es ein Coworker, die Deutsche Bahn oder ein Kaiser sein sollte, der wird genauso behandelt, wie jeder andere auch. Als ob man nach Hause kommt.

Sirona: Stichwort Wohlfühlen: CoWorkPlay. Auch kinderlose Coworker bringen sich voll ein und interagieren mit den Kindern. Wie funktioniert das Zusammenleben hier?

Yvonne: Die Leute, die hier reinkommen, die wissen, dass Kinder da sind – und dass Kinder eben nicht immer nur leise sind. Die meisten haben damit überhaupt kein Problem, sie finden das sogar schön, wenn hier ein Kind mit dem Bobby-Car durch die Welt fährt. Klar gibt es laute Tage, da braucht man mehr Nerven. Aber dann macht man die Bürotür zu. Das wissen die Leute. Wir haben mit voller Absicht auch Spielelemente für Erwachsene eingebaut, da springt man auch mal als Tischkickerpartner ein. Man selbst muss wissen, ob man dieses familiäre Umfeld will – und wer sich das vorstellen kann, der kommt hierher. Es gibt auch Menschen, die merken, dass es nichts für sie ist. Das ist okay, die finden woanders ihren Platz.

Jana: Aber wenn dir dann ein Coworker sagt, er vermisst die Kinder, dann ist das wirklich schön. Die Kids merken sich Gesichter, es gibt dieses Gefühl des Familienzusammenhalts – du bist nicht einfach nur Coworker. Das erdet. Das hast du sonst nirgendwo.

Yvonne: Oder wenn ein Kind sein Gesicht gegen die Glasscheibe drückt und damit einfach ein komplettes Meeting einer Bank crasht. Da haben wir uns auch um die Reaktion gesorgt – bis wir merkten, wie sehr das die Stimmung entspannte. Ein Meeting voller Männer und auf einmal haben alle gelächelt. Kinder genießen einfach diese Narrenfreiheit. Alle, die hier einen Bereich mieten, die sind im Herzen noch ein Stück weit Kind.

Sirona: Wenn man rund acht Stunden am Tag auf der Arbeit verbringt, ist es natürlich auch nett, wenn man sich ein Stück Familie mitnehmen kann. Wenn’s nicht die eigenen Kinder sind, dann sind es die der anderen.

Yvonne: Wenn ich völlig fertig bin, dann kann ich einfach eine halbe Stunde in den Kinderbereich gehen, mit ihnen Blödsinn machen. Und wenn ich wieder herauskomme, sieht die Welt ganz anders aus.

Sirona: Möchtet ihr das gleiche Konzept mit dem Flying Nanny Service, also der Kinderbetreuung, auch in der MyZeil beibehalten?

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Jana: Leider nein. Die Fläche ist zu klein.

Yvonne: Die Zielgruppe ist da tatsächlich auch eine ganz andere. Da sind eher die Tagesgäste und Veranstalter im Fokus. Obwohl man in der MyZeil durchaus über eine Kinderbetreuung nachdenkt. Da könnten wir uns durchaus eine Kooperation vorstellen, aber dafür werden wir nicht extra Fläche anmieten. Wir möchten nicht, dass man die Kinder einfach nur für ein, zwei Stunden parkt. Wir sagen immer, wir sind ein Bällebad mit Qualität. Und die Qualität der Betreuung ist uns wichtig. Aber an anderen Standorten wollen wir das durchaus wieder aufgreifen.

Jana: Die Schwerpunkte wollen wir je nach Filiale setzen. Weiter auf dem Land kann man den Schwerpunkt vielleicht wieder mehr auf den Kinderbereich legen und eine richtige Kita anschließen. Das ist alles denkbar, denn bei CoWorkPlay sind es letztlich drei einzelne Bausteine, die du je nach Bedarf wählen und variabel anordnen und gewichten kannst. Hier im Mutterschiff (Anm.: Frankfurter Ostend) ist das relativ ausgewogen und in der MyZeil sind es eher die ersten zwei Bestandteile.

Sirona: Ihr weist ja immer wieder auf das Baustein-Konzept hinter CoWorkPlay hin. Passend zum Play funktioniert das ja wie Lego-Steine. War das von Anfang an die Idee dahinter oder hat sich das erst mit der Zeit entwickelt?

Jana: Gerade in der Gründungsphase haben wir das Kinder-Konzept gefühlt fünf Mal umgeschmissen. Man steckt ja nicht drin, wir sind beide keine Erzieher und dann fängst du als komplett Branchenfremder an dich in so ein Thema reinzuarbeiten. Und du denkst dir erst, „okay, dann machen wir das halt so“ – bis eine Behörde kommt und du merkst, dass das so nicht geht. Und dieser Austausch ist dann ein ewiges Hin und Her.

Yvonne: Also jedenfalls wenn du mit der Behörde arbeiten willst. Wenn du ohne die Behörde und ohne irgendwelche Zuschüsse klar kommen willst, dann kannst du letzten Endes tun und lassen, was du willst. Das Schulamt war seinerzeit da gewesen und hat sich hier alles angeguckt, wie wir das machen, damit wir auch keine Richtlinien verletzen. Es wird einem aber extrem schwer gemacht – obwohl es diese Situation mit Kindertagesstätten, Kindergartenplatzmangel gibt, obwohl es zu wenig Tagesmütter gibt, obwohl man weiß, dass es für Kinder eigentlich eher schädlich ist, sie ab einem gewissen Alter schon in die Krippe zu geben. Trotzdem sind die Städte und die Politik nicht offen für solche Konzepte. Im Gegenteil: Sie verfolgen veraltete Konzepte, die auch gar nicht so gut sind für die Kinder, weil du keine Kontrolle hast, was dort passiert. Wir kennen Insider, die sagen, dass man oft gar nicht sieht, was hinter verschlossenen Türen passiert. Die Kinder sind klein, sie können sich nicht artikulieren; du weißt nicht, ob ein Kind nachts auf einmal schreit, weil es am Tag vielleicht etwas erlebt hat, das belastet und nicht verständlich ist. Wir streben eine Studie mit dem Kinderbereich bei uns an, weil wir nach über einem Jahr das Gefühl haben, dass unsere Kinder hier, deutlich entspannter sind und auch deutlich weniger krank sind als Kinder im Kindergarten. Das kann natürlich an der kleineren Gruppe liegen, aber auch daran, dass die Kinder keine Verlustängste haben müssen und weniger Stress erfahren. Diese Kinder hier sind satt, sie kriegen von allen Seiten Liebe und die Eltern wissen: Hier ist alles offen, die Eltern können jederzeit sehen, wie mit den Kindern umgegangen wird. Natürlich gibt es Regeln – aber auf eine Art und Weise, die sie verstehen können und lernen lassen. Aber es wird auf jedes Kind eingegangen, mit ihnen gesprochen. Eine Mama hat sich tatsächlich aktiv gegen den Krippenplatz entschieden. Sie hat allen Seiten eine Chance gegeben, hat es aktiv mit einer Eingewöhnungsphase probiert und sie sagt: Für sie ist das ein ganz anderes Umfeld, sie fühlt sich damit nicht wohl – und will lieber bei uns bleiben, denn hier ist das für sie Familie.

Sirona: Wenn das kein Erfolg ist, den man feiern kann.

Yvonne: Genau! Wenn so ein Feedback kommt, dann haben wir alles richtig gemacht.

Jana: Aber allein, wenn dich ein Kind anstrahlt und dir ein High Five gibt. Das sind die schönsten Momente.

Yvonne: Am liebsten bringe ich den Kindern Unsinn bei und ärgere Heidi, unsere pädagogische Leitung, ein bisschen damit. Lacht.

Jana: Dann heißt’s, „Jana, Yvonne, wir haben hier Regeln!“ Beide lachen.

Sirona: Wie war das mit dem Kind im Erwachsenen? Hand auf’s Herz: Würdet ihr im Nachhinein irgendetwas anders machen?

Yvonne: Nein. Denn dann wäre es nicht mehr so, wie es jetzt ist. Und ich weiß nicht, ob es dann so wäre, wie es jetzt ist. Ich glaube, der Weg, den wir gegangen sind, war der richtige.

Jana: Zwei, drei Fehler sind uns passiert, natürlich. Aber auch aus diesen Fehlern haben wir für uns die Lehren gezogen, die uns zu dem gemacht haben, was wir heute sind. Und das ist wichtig.

Sirona: Und als nächstes kommt dann die Weltherrschaft, wie ihr so gern sagt?

Beide: Aber sowas von. Lachen.

Jana: Im Nachgang muss ich auch sagen: Bevor wir hier auf den Markt kamen, hat sich niemand im Rhein-Main-Gebiet für Gründerinnen interessiert. Und kaum veranstalten wir die Female Founders Edition, macht es plötzlich jeder.

Yvonne: Nachahmung ist halt die höchste Form der Wertschätzung. Es gibt vieles, was wir falsch gemacht haben – aber wir haben auch eine Menge richtig gemacht. Und das war der richtige Weg für uns.

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CoWorkPlay, ein innovatives Coworking-Space im Frankfurter Ostend.

Blicke deiner eigenen Schwäche ins Gesicht

Neulich fragte mich mein Freund: „Wie kommt es, dass du dich nach außen immer so tough gibst, wenn du dir innerlich alles so zu Herzen nimmst?“
Mein erster Gedanke war: Warum fragst du das nach all den Jahren, du kennst mich doch? Mein zweiter Gedanke war: Ich kenne die Antwort nicht mal selbst.

Den ersten Teil der Frage kann ich eher begründen als beantworten: Ich zeige Menschen, vor allem im professionellen Umfeld, nur ungern Verletzbarkeit. Denn hat man sie ein Mal durchblicken lassen, kann man diesen Eindruck nicht zurücknehmen. Wir alle wollen verständlicherweise steuern, wie andere uns wahrnehmen. Und gerade im Beruf rutscht man als junge Frau schnell in das Mädchen-Schema zurück, in die Verletzbarkeit wird Schwäche und Unreife gelesen. Wer Verantwortung übernehmen und Richtung zeigen soll, muss ein Fels in der Brandung sein und niemals wanken. So zumindest die theoretische Auffassung. Ein Gedanke, den sicherlich nicht nur Frauen im Laufe ihrer Karriere haben, sondern gerade auch Eltern und natürlich Männer. Wir alle hadern mal mehr, mal weniger mit unserem Image.

Denn wer will schon als schwach gelten? Als eine Person, die sich alles zu Herzen nimmt, und nicht belastbar ist? Und hier liegt der Widerspruch.

Wer sich auch nur am Rande mit Themen wie Führung im Job, agiles Management oder auch Erziehungsthemen auseinandersetzt, wird hören, dass gute Vorbilder und Verantwortungstragende Fehler und Unsicherheiten zugeben. Eine menschliche Seite zeigen, um auch andere dazu zu bewegen, sich zu offenbaren. Vertrauen ist die Basis jeder guten Zusammenarbeit und es kann nur existieren, wenn man offen und ehrlich miteinander ist. Wer immer sicher und stark ist, wirkt bestenfalls unnahbar, schlimmstenfalls arrogant und realitätsfern.

Sich einer Sache mal nicht sicher zu sein, ist nicht schlimm – durch Diskussionen und gemeinsames Abwägen lassen sich Lösungen besser finden als wenn man alleine vor sich hin grübelt. Sich Dinge zu Herzen zu nehmen ist nicht schlimm – das zeigt, dass sie einem wichtig sind. Zu demonstrieren, dass man verletzlich und trotzdem fähig sein kann, zeigt, dass Verletzbarkeit kein Makel, sondern menschlich ist. Und dass man damit umgehen kann.

Ich werde mir manche Dinge immer noch mehr zu Herzen nehmen als es sein muss. Aber ich will anerkennen, dass mich das nicht schlechter oder weniger verletzbar macht. Denn dieses Fühlen und Nachdenken hat mich im Endeffekt immer besser gemacht: Ich setze mich intensiv mit etwas auseinander, verstehe Situationen dadurch besser und finde Lösungen. Und wenn’s nur die Erkenntnis ist, dass es die Aufregung nicht wert ist.

Daher mein Appell an dich: Verdränge nicht deine vermeintliche Schwäche, sehe sie klar und deutlich – und mache sie zu deiner Stärke. Denn was uns stark macht, ist menschlich zu sein.

Wie Lush dem Online-Handel trotzt

Wer mit seiner Marketingstrategie erfolgreich sein will, muss drei essentielle Fragen deutlich und immer wieder beantworten: Warum tun wir, was wir tun? Wie machen wir das? Und letztlich, was machen wir?

Simon Sinek stellte dieses „Golden Circle“-Modell in einem TED-Talk vor, der bis heute einer der meist gesehen Talks auf der Plattform ist. Denn mit diesem Ansatz stehen die Firmenwerte und -überzeugungen an erster Stelle – und bei der Vielzahl an Konkurrenten auf dem Markt ist letztlich nicht mehr das Produkt der größte Differenzierungspunkt, sondern wer die Firma ist und was sie verkörpert. Man kauft kein Produkt mehr, man kauft einen Lifestyle.

Wer das gemeistert und auf die Spitze getrieben hat, ist Lush. Vor kurzem las ich in einem Interview mit der Communications Managerin Natasha Ritz, dass Lush de facto keinen Cent für externe Werbung ausgibt. Dass Lush es sich leisten kann, sich bezahlte Werbung nicht zu leisten, verdanken sie ihrer geschickten Firmenstrategie. Lush, das sind die gegen Tierversuche. Die gegen Müll. Die, deren Shops man zehn Meter gegen den Wind riecht. Die mit den verrückten Zutaten in deren Produkten. Die, mit den bunten Badebomben.

Das Geheimrezept für ihren Erfolg besteht in meinen Augen aus zwei Zutaten: Teilbarkeit und Erlebbarkeit. Das klingt zwar nach wenig, ist aber doch komplexer als man zunächst vermutet. Warum ich es dennoch auf diese zwei Bereiche herunterbreche, möchte ich heute ausführen.

Erlebbarkeit

Online gibt es mittlerweile alles – wer etwas auf sich hält, verkauft online. Wer das nicht tut, exisitiert maximal im eigenen Ort, mehr Bekanntheit gibt es nicht. Dennoch sind die tatsächlichen Stores von Lush ihre größte Stärke. Der Kunde muss keine Katze im Sack kaufen, jedes Produkt kann vor Ort ausprobiert werden. Das ganze Konzept des Stores ist auf dieses Ausprobieren ausgelegt. Die gefliesten Wände, die Probierdöschen mit Spachteln, die Mitarbeiter mit den Schürzen und die Waschbecken vermitteln ein Gefühl von „hinter die Kulissen blicken“, man fühlt sich quasi als betrete man die Küche, in der die Produkte zusammengerührt werden. Und so wird der Kunde auch behandelt – natürlich wird geduzt, freundlich wird Rat angeboten und von persönlichen Erfahrungen mit den Produkten berichtet. Wer möchte, kann Seifen und Badebomben in den Waschbecken ausprobieren ohne extra dafür aufkommen zu müssen. All das vermittelt ein Gefühl von Exklusivität, man ist Teil eines größeren Ganzen und ist trotzdem der König Kunde ohne sich überheblich zu fühlen. Anders als im Online-Store riecht, fühlt, hört und sieht die Produkte (schmecken muss nicht unbedingt sein) vor Ort, bekommt im Kundengespräch freundlichen Rat und kann jede Menge Fotos und Videos machen.

Teilbarkeit – Shareability

Und eben dieses Konzept ist nicht nur Lushs Stärke, weil es dem Kunden ein einzigartiges Erlebnis gibt. Es garantiert auch, dass Lush selbst keine Werbung machen muss. Wer gut gemachte Produkte hat und die Vorführung dieser fördert, darf sich über kostenlose Werbung in den sozialen Netzwerken durch den Kunden freuen. Lush hat es sich auf die Fahne geschrieben, tierversuchsfreie mindestens vegetarische, oft vegane, Produkte zu entwickeln, die einen verpackungsfreien Lebensstil erleichtern. Dafür braucht es kreative Lösungen, die dem Kunde vermitteln, dass man hier die innovativsten Produkte erhält. Dazu stellt das minimalistische Design die farbenfrohen Produkte in den Vordergrund und witzig-freche Namen und Beschreibungen machen den Einkauf zum Erlebnis – das man gerne mit Freunden und Bekannten teilt. Lush profitiert vom Word of Mouth Marketing, eine der effektivsten Marketingmethoden, wie kaum eine andere Marke. Sobald eine neue Badebombe auf den Markt kommt, testen sie unzählige Fans, die Fotos und Videos davon veröffentlichen – die oft genug auch von Lush auf den eigenen Social Media-Plattformen geteilt werden.

So wäscht eine Hand die andere: Lush-Fans generieren völlig kostenlos Inhalte, die direkt die richtige Zielgruppe erreichen – nämlich die Freunde und Follower der Lush-Fans, die mit recht hoher Wahrscheinlichkeit ähnliche Interessen haben und der Empfehlung eines Freundes eher glauben werden als eingeblendeter Werbung. Und die Marke selbst bekommt Inhalte ohne diese selbst finanzieren zu müssen und bietet den Anreiz, dass Fans diese Inhalte erstellen, um Aufmerksamkeit und Reichweite durch den Repost zu bekommen.

Letztlich beherrscht Lush das Social Media-Game wie kaum eine vergleichbare Marke ohne tief in die Tasche greifen zu müssen, um bezahlte Werbung zu schalten – und hat den Golden Circle verinnerlicht. An erster Stelle steht der nicht ausbeuterische Grundgedanke, dass tierversuchsfreie und umweltschonende Produkte auch für den Mainstream erhältlich und zugänglich sein sollen (Warum). Durch auffälliges Design und eine die Gemeinschaft betonende Vertriebsstrategie auf Social Media wird Aufmerksamkeit generiert (Wie) und angeboten werden somit vegetarische bis vegane, weitestgehend verpackungsfreie Produkte (Was).

Lushs größte Stärke ist dabei nicht nur, dass sie ihre Nische genau kennen und beherrschen, sondern dass sie die Werte der Marke nicht nur nennen, sondern auch bei jeder Gelegenheit auf unterschiedlichste Weisen zeigen und den Kunden miterleben lassen. Die extreme Ausrichtung auf Nahbarkeit, Ehrlichkeit und Authenzität macht die Marke natürlich angreifbar, ist im Kern aber die Stärke Lushs.