Warum die Öffis ein Update verdienen

Wenn über die Zukunft des Verkehrs und des Fahrens gesprochen wird, hören wir die meiste Zeit von selbstfahrenden Autos. Coole Sache, wichtige Entwicklung: Senioren könnten länger mobil bleiben, der Führerschein ist kein Luxusgut (der Kram ist teuer, verdammt!) und die Sicherheit auf den Straßen wäre wesentlich größer – um nur einige der Vorteile zu nennen.

Aber was ist eigentlich aus dem Allgemeinwissen geworden, dass die Fahrt mit Zug und Bus immer noch besser für die Umwelt ist als die Fahrt mit dem eigenen Auto? Natürlich können selbstfahrende Autos auch den Spritverbrauch optimieren, aber mein Punkt soll nicht sein, dass selbstfahrende Autos nicht toll seien, sondern dass wir über den Hype nicht die Zukunft der öffentlichen Verkehrsmittel vergessen sollten.

Ein Bild einer Berline Straßenbahnstation. Das Gebäude sieht industriell aus und der Himmel strahlt blau über der Station.
Was bringt’s, wenn alle die BVG lieben, aber die öffentlichen Verkehrsmittel vor der eigenen Haustür nichts ändern?

Ich habe nie ein eigenes Auto besessen – zum einen aus Sparsamkeit, denn Sprit und Instandhaltung können einem die Haare vom Kopf fressen, zum anderen aus dem Wissen heraus, dass ich es nicht wirklich brauche. Heute könnte ich mir eins leisten, aber wozu? Mein Lebensmittelpunkt liegt im Rhein-Main-Gebiet, in dem nahezu jede größere Stadt sich innerhalb eines Ein-Stunden-Radius‘ befindet und wo die Infrastruktur der Öffis bestens ist. Natürlich gibt es immer wieder das ein oder andere Ärgernis, aber das gibt es genauso auf den Straßen. Ich setze mich in Bahn oder Bus und muss nur aufpassen, dass ich nicht meinen Halt verpasse – ansonsten kann ich mich ausruhen, lesen oder meinen liebsten Podcast hören.

Andere Fahrgäste können nerven, ohne Frage – Mitfahrer auf der Straße aber ebenso. Im Grunde liebe ich diesen wilden Mischmasch an Menschen aber auch so an den Öffis. Morgens sitze ich zwischen Menschen mit Fahne, Arbeitern in schweren Stiefeln oder der wichtigen Geschäftsperson, die sich mal wieder über den fehlenden Empfang im Tunnel ärgert – letztlich sind wir alle gleich. Jeder ist genervt vom nächsten und trotzdem ist man sich herzlich egal. Eine Zugfahrt die ist lustig ist zwar nicht das Wundermittel, damit überall Toleranz und Integration vorherrscht, aber sie lehrt einem definitiv jede Menge Geduld und eben doch einen Hauch Toleranz. Und mein Immunsystem dankt’s mir auch.

Das bisherige System funktioniert gut. Aber wo bleibt die Modernisierung der öffentlichen Verkehrsmittel? Auf dem Land – zumindest da, wo ich herkomme – muss man vor jeder Fahrt brav vorne beim Fahrer einsteigen und seine Karte vorzeigen. Wenn da jemand mal zu langsam ist oder mittags alle Kinder aus der Schule kommen, herrscht reinstes Chaos und Aggression. Auf Langstrecken und in der Stadt sind Handy-Tickets glücklicherweise die Norm, aber kaputte Automaten leider ebenso – und die ständige Kontrolle der Tickets verschlingt Zeit und Ressourcen. Zwar führt die Deutsche Bahn langsam den Comfort Check-in als Beta-Version ein, eine Ideallösung ist das aber noch nicht.

Was ist also mit der Modernisierung von den öffentlichen Verkehrsmitteln und Langstreckenverbindungen? Besonders eine verbesserte Infrastruktur auf dem Land und zur Stadt hin könnte enorm helfen, die Landflucht einzudämmen und damit weiteren Bevölkerungsgruppen mehr Bildungs- und Jobchancen bieten, die Mietpreise ein wenig drücken und die Automassen auf den Straßen verringern.

Modernisierte Autos, besonders selbstfahrende Fahrzeuge, werden eine große Rolle in der Zukunft spielen und definitiv positive Effekte haben – aber bei all dem Hype sollten die Öffis nicht allzu stiefmütterlich behandelt werden.