Medienkonsum: Warum ich gerne die Spielverderberin bin

Um mit mir Filme oder Serien zu sehen, muss man Nerven haben – dessen bin ich mehr sehr bewusst. An meinem Verhalten (in diesem Kontext) werde ich in naher Zukunft dennoch nichts ändern – denn ich bin der festen Überzeugung, dass Medien kritisch betrachtet werden sollten. Und das gilt vor allem für Unterhaltungsmedien. Das bekommt der Freund derzeit wieder schwer zu spüren, denn wir schauen Penny Dreadful – er zum ersten Mal, ich zum zweiten Mal und habe deswegen natürlich umso mehr Vorwissen und Anlass zum Kommentieren. Was ich sehr oft tue. Ich liebe diese Serie über alles – gerade weil sie so unperfekt ist, ihre Probleme hat und sich so herrlich kontrovers diskutieren lässt. Aber warum kann man denn Unterhaltung nicht einfach als Unterhaltung genießen, vollkommen frei von Interpretationen und Ideologien? So gut gemeint der Wunsch nach Unterhaltung um der Unterhaltung Willen auch sein mag, ich halte ihn nicht nur für unerfüllbar, sondern auch für naiv.

Kinder durchleben im Laufe ihrer Entwicklung verschiedenste Phasen – Erwachsene genauso, wir neigen nur dazu das zu ignorieren. Manche Erwachsene bleiben sogar ganz Kind. Und Medien haben einen wahnsinnigen Einfluss auf diese Phasen, dazu muss man nur an Fastnacht, Halloween oder Eltern auf ihre Kinder im Elsa-Kostüm ansprechen. Man erinnere sich auch an den Trubel um Harry Potter in den 90ern und 00ern und wie die Fantasy-Reihe auch jetzt noch (m)eine Generation bewegt. Obwohl wir doch wissen, dass Kinder jeglichen Input um sich herum wie Schwämme aufsaugen – wenn auch glücklicherweise nicht immer ganz unkritisch – fehlt oft das Bewusstsein für die Inhalte, die wir ihnen vorsetzen. Und selbst wenn man sich dessen bewusst ist, fällt die Selektion schwer. Und das nicht ohne Grund, wenn es doch oft genug die Erwachsenen sind, die vollkommen unkritisch Medien konsumieren. Wenn Frauen 50 Shades of Grey als romantisch-erotisch wahrnehmen und es ihnen auch so verkauft wird, trotz der offensichtlichen Parallelen zu häuslicher Gewalt, Missbrauch und Manipulation, dann fragt man sich, in welchen Maßen der moderne Mensch wirklich emanzipiert und kritisch Medien konsumiert. Auch wenn wir alle Dinge hinterfragen können, muss das kritische Betrachten von Medien meist erst gelernt werden. Und mit kritischem Betrachten meine ich nicht die trump’sche Trotzreaktion, wenn etwas nicht gefällt, sondern Muster, subtile und nicht immer absichtliche Nachrichten zu erkennen. Die Werkzeuge dafür, werden im Laufe der Schulzeit meist angedeutet oder vielleicht sogar gegeben, aber vielen auch im gleichen Schritt schon madig gemacht. Wenn Schüler  – und Lehrer! – in der Interpretation von Texten nur eine langweilige Pflichtübung sehen und nicht das Erlernen eines tieferen Verständnisses, wie kann man dann Interesse daran entwickeln auch im eigenen Alltag später Medieninhalte zu verstehen?

Es wäre wahrscheinlich eine angenehme Abwechslung, wenn man einen Film oder eine Serie anschalten könnte, die man vollkommen unpolitisch betrachten könnte. Einfach nur unterhalten werden ohne sich Gedanken machen zu müssen – das wünsche ich mir selbst oft genug, denn auf Dauer kann es auch sehr anstrengend sein, in jedem Kontext das Positive und Negative zu sehen. Aber die Grenze zum mutwilligen Ignorieren und Schönreden ist schnell überschritten. So wie es angenehmer wäre, jedes Zurufen und Nachstarren auf den Straßen zu ignorieren, will man doch einfach Ruhe und kann solche Geschehnisse nur aktiv verdrängen. So lernt man auch in Filmen und Serien Gegebenheiten zu bemerken, die einem (unangenehm) auffallen – und es ist schwieriger im Nachhinein diese aktiv zu ignorieren, um Medien bloß zur Unterhaltung zu konsumieren. Es hat seinen Grund solche Gegebenheiten zu bemerken, denn es zwingt dazu sich mit ihnen auseinanderzusetzen, man entwickelt eigene Standpunkte und es macht einem zum mündigen Rezipienten. Wer sich kritisch mit Inhalten auseinandersetzt, wird zum aktiven Part statt zum passiven Rezipienten.

Und diese aktive Rolle lässt einen mitgestalten – nicht immer direkt, aber dennoch aktiv. Aber warum sollte ich Filme und Serien mitgestalten wollen? Ich will sie doch nur sehen? Wer kritisch Medien konsumiert, sein Feedback teilt und bewusst Inhalte wählt, die er sehen möchte, der vermittelt, welche Inhalte gut ankommen. Stark vereinfacht gesprochen: Wer Filme mit schlecht entwickelten Charakteren und langweiligen Handlungen kritisiert, anderen davon abrät, sich diese Filme anzusehen und sie selbst nicht rezipiert, vermittelt damit einen klaren Standpunkt. Schließen sich dem genug Menschen an, müssen Filmemacher reagieren und nachforschen, wo das Problem liegt. Auf Dauer werden sie gezwungen sein, Filme mit komplexeren Charakteren und interessanteren Handlungen zu machen. Schweigt aber jeder bei solch schlechten Filmen und schaut sie sich trotz der schlechten Qualität an, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass überhaupt irgendwer den Mund öffnet. Medieninhalte sind ein maßgeblicher Teil unserer Gesellschaft, sie sind eng verwoben mit der öffentlichen Meinungsbildung – selbst wenn es fiktive, unterhaltungsorientierte Inhalte sind – und unterliegen ständigem Wandel. 50 Shades of Grey mag erfolgreich sein und eine riesige Fangemeinschaft haben; aber da gibt es auch die Menschen, die die Bücher und Filme offen kritisieren, die Probleme zum Thema machen und andere Personen damit sensibler für diese Themen machen.

Auch Unterhaltung vermittelt Wert – und das oft mit so viel mehr Schlagkraft als erzieherische Versuche, eben weil Unterhaltung subtiler funktioniert. Sieht ein Kind umso mehr Filme und Serien, die Mädchen als passive Prinzessinnen zeigen, die auf Rettung angewiesen sind, und Jungen als starke Helden, die niemals Angst haben und Gefühle zeigen dürfen, wird diese Auffassung mit jedem Inhalt mehr verstärkt bis die Kinder sich gar nicht mehr bewusst sind, dass das ursprünglich gar nicht ihre eigene Idee war. Wir können uns diesen subtilen Nachrichten niemals ganz entziehen und Medieninhalte möchten diese Werte womöglich gar nicht bewusst vermitteln – diese Inhalte werden schließlich auch nur von Menschen gemacht, die selbst mit unterschwelligen Nachrichten konfrontiert werden. Aber sprechen wir darüber, wie wir etwas wahrnehmen, kritisieren es, diskutieren darüber und tauschen uns aus, dann profitieren wir alle von diesem Lernprozess.

Ein GIF von Gilmore Girls zu Filmen

The Digital Revolution of HR?

Stefanie Stanislawski firmly believes that HR will become the next big thing – and this is why she founded PredictivePeople, a computing software analysing employees‘ level of (dis-)engagement, stress and satisfaction in a company. In this interview, she shares her views on the future of modern work, diversity and motherhood and entrepreneurship.

Heute ausnahmsweise ein Beitrag auf Englisch, denn meine Interview-Partnerin Stefanie Stanislawski kann zwar Deutsch, fühlt sich auf Englisch aber wohler. Sie ist die Gründerin des Startups PredictivePeople, das im Kern eine Software ist, die die Zufriedenheit der Arbeitnehmer misst. Woher diese Idee stammt und warum ihr die Weiterentwicklung von HR so wichtig ist, erzählt sie mir im Interview.

Sirona: I’ve heard you talk about PredictivePeople and done my research. But I’d like to hear from you again: What is PredictivePeople and why does it matter?

Stefanie: Well, first of all, thank you for taking the time to research about PredictivePeople!
PredictivePeople is a disruptive cognitive computing software which measures employees’ levels of engagement and stress, while suggesting a personalised approach to retain talent – which includes a detailed guideline for the manager and HR, and access to a tailored rewards platform for the user.
To do so it synthesizes data from various information sources, such as internal data (like corporate emails and chats) and publicly available information (such as social networks, blogs, job boards and others). Our algorithm weights context and conflicting evidence to suggest the best possible outcome. To achieve this, we use self-learning technologies that use data mining, pattern recognition and natural language processing (NLP) to mimic the way the human brain works.

It matters because companies are facing a huge disengagement problem, according to recent studies only 12% of their employees are fully engaged, representing an annual global cost of $7 trillion. Nations are seeing a peak in healthcare costs due to stress-related diseases. And individuals like you and I are tired of working for a company where we’re not treated as unique, where no one has the time to know who we are, what we want and how we are feeling. And I really believe this will worsen with the Millennials and further generations.

Sirona: What sparked your passion for HR and talent acquisition? Has there been a key moment that you can connect to the idea of PredictivePeople?

Stefanie: I am an engineer, but I’ve been working in HR for over 10 years. I just knew it from the start – I tried other departments, but nothing made me as happy as HR does. I always used to say HR would become the “next-big-thing” in any corporation, and I guess I wasn’t wrong!
The connecting moment was back in 2015 – I was extremely disappointed, demotivated and stressed at work, and realized no one cared or noticed. And I wasn’t the only one, but managers didn’t have the time to recognize the problem, and there were no tools around to help them figure out things.

Sirona: „PredictivePeople has been created to help organizations get visibility of people who are disengaged in the company, predict who has the highest chance of success to perform in the role and to map the market for possible successful candidates.“ How does PredictivePeople even define engagement and disengagement?

Stefanie: We don’t, users do. We believe people are the main driver of business success, and that’s why we are building a dynamic algorithm which adjusts to the person, and not the other way around. What causes me to become disengaged, could be very different to you or someone else. Especially if you include things like cultures or locations, the algorithm needs to be smart enough to adapt and learn from individual behaviours.
Our system analyses over 200 weekly meta data to measure the variables that influence whether an employee is at risk of burnout or disengagement.

Sirona: „Disengagement in a company“ sounds really negative, it might even give the employee a bad reputation and negatively influence how their performance is seen. How does PredictivePeople deal with this problem? And what about „real-time visibility of an employee’s engagement“- this can sound rather intrusive and big brother-like. What are your thoughts on that?

Stefanie: Well, first of all, 88% of employees are disengaged – it is no longer the problem of 1 person, this is a global emergency! And because companies are really struggling to find and keep talent, which has become the scarce resource, I don’t see why being disengaged would give an employee a bad reputation! On the contrary! Companies are now being „pushed“ to do something to revert the situation and make sure they can offer the right challenges for all, a healthy level of customization, sense of purpose and appreciation for their people.
I honestly think in today’s workplace; a month is already a very long time. Not to mention a year or three! Today’s engagement surveys are usually done once a year, in an anonymous way, with no real actions afterwards. This doesn’t change anything, and that’s why people no longer believe in these measures. PredictivePeople provide ongoing, unobtrusive scores so that managers know how their actions impact their teams – for example, what’s the ROE (return on engagement) from a corporate event? Or how is the new MKT director impacting on the sales team’s stress levels? The only way to quickly do something about it, is of you diagnose it on time.

Sirona: Do you think that sexism, racism, ageism and other forms of any sort of prejudice could be avoided with the help of PredictivePeople?

Stefanie: Yes, in the end, all answers are weighted equally. And I believe the real impact of this will come in a later stage of development, in which we’ll include predictive recruitment to the mix. The idea is that this is done 100% bias free. We’re still working on this part, and we expect to have it ready by 2020.

Sirona: Doesn’t this make recruiting teams obsolete?

Stefanie: No! I don’t think AI will replace humans, from my perspective it just provides us with the right tools and data to make faster and more accurate decisions in different areas. The same applies to recruitment, people will now know when they need to start hiring for new skills, before a person decides to leave, giving them enough room to manoeuvre.

Sirona: You also call yourself an advocate for women and millennials. How come? Plenty of people would say that we already have all we need.

Stefanie: I am a millennial mother, an entrepreneur, a business advisor, ambassador for a global women initiative, and I must say my life is not easy. If I could summarize it, the moment women (at any stage of their life) have the same professional opportunities as men, the moment society respects equally the decisions that a woman takes, and in the moment that a man has the same responsibilities and rights than a woman to exercise their role at home, then we can say that we have everything we need. But according to recent studies we’re still 200 years behind.

Sirona: What would you say is the key difference between Gen Y and older generations like the baby boomers career-wise? Do you think one of these generations is more prone to leave a job because of dissatisfaction?

Stefanie: Two things: our education and the access to technology. I could talk about this for hours, it’s a subject I am truly passionate about. Millennials and Baby Boomers had both very different foundations, and that shows in how we approach our careers. Millennials want to experience and learn, they have the need to feel special and unique, and with amazing education and distinctive skills, we’re slowly shaping the future of work. We don’t believe in loyalty or retiring from the same company. We just want to use our job as a platform to acquire knowledge and new experiences. Baby Boomers were hard-working, they delayed rewards as much as possible, they lived in a very prosperous market, which allowed them to benefit from social security, low mortgages…things newer generations won’t see.
Millennials are extremely demotivated at work, especially in Western Europe; rigidity of current structures don’t allow them to experiment, grow, experience and practice what they know. And in return, there’s a really high turnover rate from people of this generation.

Sirona: You talk about your company’s unique AI algorithm, an expression that is often talked about but still seen as an intimidating concept with many companies admitting their confusion about AI and how to use it. Do you think that this fear of the – for many still – unknown will make it harder for PredictivePeople to gain foothold in the B2B market?

Stefanie: Yes, but these things happen when new disruptive tech appears. It takes time to understand it and use it. It also depends on the market, UK and US are usually very open to new start-ups, innovation and are eager to try new things – we’re working with companies there who understand what we’re doing, they will help us show the world that there’s a new way of doing things, placing individuals as the real driver of business success.

Sirona: What is your vision for PredictivePeople’s future? Where do you see your company in five years?

Stefanie: We are aiming to open a new market, driven by the employee experience and technology. We want to place the individual as the real driver of business success. We want to transform how people relate to the HR function. We want to grow globally – starting in UK, US, then moving to LATAM and Asia, and finally coming back to Europe. We want to partner with key players in the traditional HR world who need a tech boost like the one we can offer. We want to build a dynamic company, trust-based, global-based, and completely out of the ordinary.

Sirona: People are divided on what I like to call the mum question: Should you ask a female professional who also happens to be a mother how she „does it all“? You seem to have clear stance since you talked about your role as mother before and call yourself a mompreneur. So my question to you: How do you do it all? And what is your stance on that question?

Stefanie: Routine, patience, discipline, research, meditation, you name it! Basically it’s a mix between perseverance, living one day at a time, but never losing track of the big picture, trying your best every day, and loving your “tribe” with all your heart. I don’t mind about the question; I am actually eager to know how other moms do it! I know we never ask the same to dads, but maybe we should, and we would learn a lot from them as well – my husband is definitely better at getting our baby ready in the morning – I still don’t know how he does it!

Sirona: What is your advice for young professional women?

Stefanie: Fight every day for the world you want to live in and the one you want for future generations. Choose the “hard path”. Don’t feel pressured to get married nor to have kids. If you do get married, choose wisely – make sure it’s a person who will support you in every stage, from which you’ll learn, and who won’t try to change you EVER. Find mentors who help you deal with tough decisions. Never lose track of your friends.

Sirona: And to finish this up, here’s a not quite easy one: How would you describe PredictivePeople to a not-so techy grandparent?

Stefanie: I explained the following to my dad, who’s 76 years old: “Dad, imagine your iPhone (because grandparents now have iPhones) could have the possibility to understand you, what you do, what you search on Google, who you talk to… Now imagine he (let’s assume it’s a “he”), could use that information to make your life better. For example, he knows you like to read Historical Novels, so he’d weekly suggest new books which match your taste. Or he would make a reservation for you and your friends to go golfing next week. Or he’d remind you to take your pills, and once they’re running low, he would ask the drug store to send you more. Would you find that useful? Well, this is called artificial intelligence, and PredictivePeople is kind of the same, it is a smart tool inside people’s computers which understand how employees in companies behave and make their life, their manager’s life and HR’s life better. How? PredictivePeople knows how each user behaves, it has access to multiple data which gives the tool important hints, that it then turns into scores and personalities. It is able to identify when someone is becoming disengaged or stressed, then, because PredictivePeople knows who’s that person, it suggests a series of rewards or programs that match his/her personality and needs, which would make that person happier, for example, taking yoga classes, going on holidays or taking a day off. It also alerts his/her manager, and tell him/her what to do to help that specific person. Isn’t that amazing?”

His answer: “I want that on my iPhone! And better make it a she.”

Drama, baby: Für ein bisschen mehr Ruhe im Alltag

Ich bin ein großer Fan von „Einfach mal den Mund halten, wenn einem eh nichts Gutes einfällt“. Sollten mehr Leute machen.

Wir alle ärgern uns regelmäßig im Alltag. Ich ärgere mich über Radfahrer, die auf engen Wegen mit einem Affentempo und teils quietschenden Reifen an mir und dem Hund vorbeirasen statt uns mit einem kurzen Klingeln zu warnen und für die 15 Sekunden einfach langsamer zu machen (Nebenbei: Wenn ihr zu den Personen gehört, die warnen, langsam machen und sich dann sogar dafür bedanken, dass wir zur Seite gehen – ihr macht meinen Tag immer ein bisschen schöner). Andere ärgern sich über Staus, verspätete Züge oder die langen Wartezeiten beim Arzt. Gründe gibt’s viele. Und viele geben ihrem Ärger Ausdruck. Lautstark. Energisch. Oft aggressiv.

Auf zwei weißen Kommoden steht ein weißer Drahtkorb mit grünen Pflanzen. Daneben zwei mit Wasser und Sträuchern gefüllte Flaschen.

Natürlich frustriert es, wenn der Zug schon wieder auf offener Strecke stehen bleibt und die Minuten der Verspätung stetig steigen, vor allem wenn man Zeitdruck hat. Aber, das frage ich mich nahezu jeden Tag auf’s Neue, warum muss man dann lautstark rummeckern und andere Fahrgäste, Zugbegleiter oder andere anpöbeln? Es wird an der Situation nichts ändern und die genannten Personen sind höchstwahrscheinlich mindestens genauso wenig begeistert. Eine Verkettung von Zufällen, die zu einem ungünstigen Ergebnis für eine oder mehrere Person führt, ist das, was wir auch Pech nennen. Und oftmals liegt es nicht in unserer Macht etwas daran zu ändern. Was wir aber ändern können, ist wie wir damit umgehen. Keiner erwartet, dass man solche Situationen mit breitem Lächeln und bester Laune meistert. Aber andere dafür anzugreifen, die genauso wenig daran ändern können, ist nicht nur vollkommen irrational, sondern auch Selbstsabotage – der eigene Tag wird dadurch nicht besser und schlimmstenfalls verschlimmert es die Situation nur noch.

Auch wenn ich dieses Verhalten nur mit Kopfschütteln betrachten kann und nervig finde, schockiert es mich aber am meisten, dass Menschen oft genug die vermeintlichen Verursacher ihres Pechs angreifen. Ein Personenschaden im Zug ist tragisch und ich halte es für eine der rücksichtslosesten Arten zu gehen, aber wer – wirklich welche Person mit klarem Verstand – kann denken, dass es irgendwem hilft, wenn man sich lautstark im Abteil darüber beschwert? Damit beweist man in aller Offenheit, dass man schlichtweg ein rücksichtsloses Arschloch ist.

Genauso verhält es sich auch, wenn man – oh Schreck! – im Alltag auf andere Rücksicht nehmen muss. Die Abfahrt dauert schlimmstenfalls eine Minute länger, weil der Fahrer einem Rollstuhlfahrer in den Bus hilft? Für Leute mit Kinderwagen Platz machen? Wenigstens versuchen einer nicht deutsch sprechenden Person auf Englisch oder klar gesprochenem Hochdeutsch zu antworten? Allein im letzten Monat habe ich miterlebt wie Menschen sich wegen solcher Nichtigkeiten in Rage steigern und Personen verbal angreifen. Es ist nicht nur lächerlich, dass sie damit unnötigerweise unhöflich und rücksichtslos sind – nein, die Situation hätte nur einen Bruchteil der Zeit beansprucht, hätte man keinen Stress angefangen.

Oft genug handeln die Menschen dabei nicht nur gegen ihren Verstand (und Menschlichkeit), sondern steigern sich auch in abartige Machtkämpfe hinein. Letztlich weisen die meisten dieser Vorkommnisse ein Machtgefälle auf – zwischen dem König Kunde und dem Untertan Fachkraft, zwischen „benachteiligten“ Personen, die auf die Hilfe anderer angewiesen sind, und denen, die diesen Umstand zur Erniedrigung nutzen. Ist ja auch praktisch, seinen Frust an einer Person auszulassen, die nahezu keine Möglichkeit hat sich wirklich zu wehren. Jeder, der schon mal in irgendeiner Form von Kundenservice gearbeitet hat, weiß, welche perverse Freude so manche Menschen daran haben, einem das Leben schwer zu machen.

Es ist groß geträumt und mit einem einzigen Blogbeitrag wird man nicht die Welt verändern – aber ich erhoffe mir nicht nur von mir selbst, sondern auch von jeder Person, die das liest, von dir, dass man erst einmal kurz in sich geht, bevor man seinem Ärger und Frust ausufern lässt. Ändert es irgendwas, wenn ich meine Wut einfach rauslasse? Kann die Person hier etwas für die unglücklichen Umstände? Kann sie überhaupt etwas daran ändern? Ist das ganze Geschehen hier wirklich so schlimm, wie es mir gerade vorkommt? Habe ich hier überhaupt das Recht, mich in den Vordergrund zu drängen und mich zum Mittelpunkt des Unglücks zu machen?

Ein bisschen Empathie für andere und die Realisierung, dass sich nicht alles um einen selbst dreht, machen letztlich nicht nur den Menschen um einen herum das Leben schwer, sondern gerade einem selbst. Oder, um es einfacher zu sagen: Chill dein Leben.

Wie Lush dem Online-Handel trotzt

Wer mit seiner Marketingstrategie erfolgreich sein will, muss drei essentielle Fragen deutlich und immer wieder beantworten: Warum tun wir, was wir tun? Wie machen wir das? Und letztlich, was machen wir?

Simon Sinek stellte dieses „Golden Circle“-Modell in einem TED-Talk vor, der bis heute einer der meist gesehen Talks auf der Plattform ist. Denn mit diesem Ansatz stehen die Firmenwerte und -überzeugungen an erster Stelle – und bei der Vielzahl an Konkurrenten auf dem Markt ist letztlich nicht mehr das Produkt der größte Differenzierungspunkt, sondern wer die Firma ist und was sie verkörpert. Man kauft kein Produkt mehr, man kauft einen Lifestyle.

Wer das gemeistert und auf die Spitze getrieben hat, ist Lush. Vor kurzem las ich in einem Interview mit der Communications Managerin Natasha Ritz, dass Lush de facto keinen Cent für externe Werbung ausgibt. Dass Lush es sich leisten kann, sich bezahlte Werbung nicht zu leisten, verdanken sie ihrer geschickten Firmenstrategie. Lush, das sind die gegen Tierversuche. Die gegen Müll. Die, deren Shops man zehn Meter gegen den Wind riecht. Die mit den verrückten Zutaten in deren Produkten. Die, mit den bunten Badebomben.

Das Geheimrezept für ihren Erfolg besteht in meinen Augen aus zwei Zutaten: Teilbarkeit und Erlebbarkeit. Das klingt zwar nach wenig, ist aber doch komplexer als man zunächst vermutet. Warum ich es dennoch auf diese zwei Bereiche herunterbreche, möchte ich heute ausführen.

Erlebbarkeit

Online gibt es mittlerweile alles – wer etwas auf sich hält, verkauft online. Wer das nicht tut, exisitiert maximal im eigenen Ort, mehr Bekanntheit gibt es nicht. Dennoch sind die tatsächlichen Stores von Lush ihre größte Stärke. Der Kunde muss keine Katze im Sack kaufen, jedes Produkt kann vor Ort ausprobiert werden. Das ganze Konzept des Stores ist auf dieses Ausprobieren ausgelegt. Die gefliesten Wände, die Probierdöschen mit Spachteln, die Mitarbeiter mit den Schürzen und die Waschbecken vermitteln ein Gefühl von „hinter die Kulissen blicken“, man fühlt sich quasi als betrete man die Küche, in der die Produkte zusammengerührt werden. Und so wird der Kunde auch behandelt – natürlich wird geduzt, freundlich wird Rat angeboten und von persönlichen Erfahrungen mit den Produkten berichtet. Wer möchte, kann Seifen und Badebomben in den Waschbecken ausprobieren ohne extra dafür aufkommen zu müssen. All das vermittelt ein Gefühl von Exklusivität, man ist Teil eines größeren Ganzen und ist trotzdem der König Kunde ohne sich überheblich zu fühlen. Anders als im Online-Store riecht, fühlt, hört und sieht die Produkte (schmecken muss nicht unbedingt sein) vor Ort, bekommt im Kundengespräch freundlichen Rat und kann jede Menge Fotos und Videos machen.

Teilbarkeit – Shareability

Und eben dieses Konzept ist nicht nur Lushs Stärke, weil es dem Kunden ein einzigartiges Erlebnis gibt. Es garantiert auch, dass Lush selbst keine Werbung machen muss. Wer gut gemachte Produkte hat und die Vorführung dieser fördert, darf sich über kostenlose Werbung in den sozialen Netzwerken durch den Kunden freuen. Lush hat es sich auf die Fahne geschrieben, tierversuchsfreie mindestens vegetarische, oft vegane, Produkte zu entwickeln, die einen verpackungsfreien Lebensstil erleichtern. Dafür braucht es kreative Lösungen, die dem Kunde vermitteln, dass man hier die innovativsten Produkte erhält. Dazu stellt das minimalistische Design die farbenfrohen Produkte in den Vordergrund und witzig-freche Namen und Beschreibungen machen den Einkauf zum Erlebnis – das man gerne mit Freunden und Bekannten teilt. Lush profitiert vom Word of Mouth Marketing, eine der effektivsten Marketingmethoden, wie kaum eine andere Marke. Sobald eine neue Badebombe auf den Markt kommt, testen sie unzählige Fans, die Fotos und Videos davon veröffentlichen – die oft genug auch von Lush auf den eigenen Social Media-Plattformen geteilt werden.

So wäscht eine Hand die andere: Lush-Fans generieren völlig kostenlos Inhalte, die direkt die richtige Zielgruppe erreichen – nämlich die Freunde und Follower der Lush-Fans, die mit recht hoher Wahrscheinlichkeit ähnliche Interessen haben und der Empfehlung eines Freundes eher glauben werden als eingeblendeter Werbung. Und die Marke selbst bekommt Inhalte ohne diese selbst finanzieren zu müssen und bietet den Anreiz, dass Fans diese Inhalte erstellen, um Aufmerksamkeit und Reichweite durch den Repost zu bekommen.

Letztlich beherrscht Lush das Social Media-Game wie kaum eine vergleichbare Marke ohne tief in die Tasche greifen zu müssen, um bezahlte Werbung zu schalten – und hat den Golden Circle verinnerlicht. An erster Stelle steht der nicht ausbeuterische Grundgedanke, dass tierversuchsfreie und umweltschonende Produkte auch für den Mainstream erhältlich und zugänglich sein sollen (Warum). Durch auffälliges Design und eine die Gemeinschaft betonende Vertriebsstrategie auf Social Media wird Aufmerksamkeit generiert (Wie) und angeboten werden somit vegetarische bis vegane, weitestgehend verpackungsfreie Produkte (Was).

Lushs größte Stärke ist dabei nicht nur, dass sie ihre Nische genau kennen und beherrschen, sondern dass sie die Werte der Marke nicht nur nennen, sondern auch bei jeder Gelegenheit auf unterschiedlichste Weisen zeigen und den Kunden miterleben lassen. Die extreme Ausrichtung auf Nahbarkeit, Ehrlichkeit und Authenzität macht die Marke natürlich angreifbar, ist im Kern aber die Stärke Lushs.

Der Zeitgeist des Urban Farming

Stell‘ dir vor, du gehst durch eine Großstadt und statt der vielen Grauschattierungen und Metallelemente siehst du grün. Pflanzen, die auf den Außenflächen der Hochhäuser wachsen und deren Erträge später im Supermarkt bei dir um die Ecke landen. Noch klingt die Vorstellung eher nach futuristischem Traum, die Umsetzung dieser Idee ist aber schon seit langer Zeit Thema. Pläne für solche Gebäude gab es schon 2013 für die Stadt Shenzhen.

Eine Entwicklung, die Sinn macht: Die Bevölkerung ländlicher Gegenden schrumpft seit Jahren, während es immer mehr Menschen in die Städte zieht – 2016 lebten immerhin rund 75,5% der deutschen Bevölkerung in Städten. Und trotz aller Bemühungen wird der Trend nur schwer zu stoppen, geschweige denn umzukehren sein. Da macht es nur Sinn, die Landwirtschaft stückweise auch in die Städte zu holen.

Ich fand ein verlassenes Gebäude am Waldrand, vollgesprayt mit Graffiti und überwachsen mit Efeu. Unter und zwischen den rostigen Metalltreppen wachsen viele Pflanzen.
Verlassene Gebäude, die die Natur längst zurückerobert, sind viel häufiger als man meist denkt.

Schließlich sind die Vorteile nicht von der Hand zu weisen: Ungenutzten Flächen wird ein Sinn geben, eine fortschreitende Systematisierung der Landwirtschaft vorangetrieben, die Luftqualität in Städten wird verbessert und bepflanzte Fassaden fördern die Hitzeentwicklung im Sommer weniger als reine Glas-, Beton- und Metalloberflächen. Auch die Effekte auf die Psyche der Stadtbewohner wären sicherlich ein interessanter Forschungsaspekt.

Ob das in der Realität aber so wunderbar funktioniert, ist natürlich eine ganz andere Sache. Denn ob sich bereits vorhandene Gebäude einfach so anpassen lassen, ist fraglich. Platz für Neubauten muss erst geschaffen und vor allem finanziert werden – und dieser Platz beziehungsweise das Gebäude muss entsprechende Bedingungen für das optimale Wachsen der Pflanzen erfüllen. Dass Pflanzen unterschiedliche Temperaturen, Lichtverhältnisse und Feuchtigkeit brauchen, erleichtert die Sache nicht – und letztlich kommt es dabei nicht nur auf das Wachsen der Pflanzen an, sondern auch auf die Energiebilanz. Was nützt ein schönes Projekt, wenn es nur Ressourcen verschlingt? Das ist einerseits eine Herausforderung, aber auch eine Chance: Bisher müssen sich Pflanzen auf dem Feld den vorhandenen Gegebenheiten anpassen, Optimierungen kann der Mensch nur bis zu einem gewissen Grad vornehmen.

Die Erforschung – und hoffentlich weitere Umsetzungen – solcher Möglichkeiten zeigt im weiteren Kontext, aber vor allem eins auf: Unser Verhältnis zum Konsum ändert sich. Die mediale Aufmerksamkeit für Themen wie Nachhaltigkeit, „alternative“ Ernährungsformen und Eigenanbau spiegeln ein größeres öffentliches Bewusstsein wider, dass unsere Ressourcen nunmal endlich sind. Das ist bei Weitem nichts Neues, aber wie so häufig bekommen solche Wahrheiten erst richtige Schwere, wenn es fünf vor 12 ist.

Eine rostige Treppe, deren Lack sich bereits löst. Zwischen den Metalltreppenstufen wachsen üppige Sträucher.

Urban Farming wird beim besten Willen kein Wundermittel sein und all unsere Probleme lösen, aber es kann einiges verbessern – und uns das Gefühl der Kontrolle vermitteln, das wir in diesem Kontext verloren haben. Der Mensch hat die Natur nie beherrscht, wird er auch nie – für viele ein beängstigender Gedanke, in einer Welt, die doch so stabil und durchgeplant zu sein scheint.
Einer der Reize von Lost Places und all den postapokalyptischen Serien, Bücher und Filme ist mitunter auch das Bewusstsein, dass sich die Welt ohne den Menschen weiterdrehen wird. Alte menschengeschaffene Strukturen werden von Flora und Fauna zurückerobert, sind so einerseits wohl vertraut und fremd.
Während Städte und große Bauten wie Hochhäuser ein Symbol der menschlichen Macht sind und wie er sich Ressourcen zu Nutze macht, sind von der Natur zurückeroberte Orte eine Erinnerung daran, wie bedeutungslos diese Symbole sind und dass der Mensch letztlich erst seit so kurzer Zeit auf der Schaubühne der Erdgeschichte steht – und nicht notwendigerweise bleiben wird.
Diesen Prozess der Rückeroberung kontrolliert und nach „menschlichen Spielregeln“ geschehen zu lassen, stellt da ein interessantes Eingeständnis dar: Wenn die Menschheit weiterhin einen durchschnittlich hohen Lebensstandard genießen und weiterhin existieren will, muss er sich eingestehen, dass er einen Schritt zurücktreten muss.

Wer sich dafür interessiert wie ähnliche Projekte in der Realität aussehen können, kann gerne mal hier , hier und hier recherchieren.