Mit Prokrastination ist das so eine Sache. „Das ist eine echt gute Idee, aber ich bin gerade zu müde, um sie umzusetzen“ oder „Das muss ich echt machen, aber heute lohnt es sich nicht mehr“ – das sind Sätze, die wir ständig denken. Manchmal denke ich, dass ich das noch stärker und häufiger mache als andere, aber das stimmt vermutlich nicht. Wir reden nur ungern darüber. Denn spätestens nach dem dritten, vierten Mal würde unser Gegenüber aussprechen, was wir selbst zu verdrängen versuchen: Mach doch einfach. Später machst du es eh nicht.
Warum wir so ticken, hat viele verschiedene Gründe. Nach einem langen Arbeitstag ist man wirklich müde und fühlt sich unmotiviert, Sport zu machen, zu lernen oder einem Projekt Zeit zu widmen. Da vermischt sich Erschöpfung häufig auch mit Bequemlichkeit. Das muss auch nicht unbedingt negativ sein – wir brauchen Gelegenheiten, um unsere Akkus aufzuladen. 24/7 immer 100% geben, das kann niemand. Manchmal kommt dann auch Angst dazu. Angst zu versagen oder etwas nicht gut genug zu machen. Wenn man sich noch nicht bereit fühlt, etwas anzugehen und Angst vor einer vermeintlichen Blamage hat. Die Kernfrage ist dabei aber: Wirst du jemals bereit sein?
Ich decke gerne alle drei Varianten und ein paar weitere Variablen gleichzeitig ab bzw. begründe sie miteinander. „Ich bin zu müde, um das jetzt anzugehen und wenn ich es doch versuchen würde, käme eh nur Mist dabei heraus und dann ist es für immer ruiniert.“ Blöd nur, dass das nicht stimmt. Das weiß ich auch selbst. Hilfreich, wenn zur Aufschieberitis noch dieses eklige Schuldgefühl dazu kommt. Und die Liste an to-dos wächst und wächst und mit ihr das Unwohlsein.
Da hilft nur eins: Einfach machen. Über Sheryl Sandberg kann man denken, was man möchte, aber ihr Spruch „done is better than perfect“ hat einen wahren Kern. Entweder machst du dich an deine Aufgabe, die du vor dir her schiebst aus Angst sie nicht gut genug umzusetzen, oder du erledigst sie gar nicht. Ersteres gibt dir die hohe Chance, dass es dir doch (gut genug) gelingt, letztere gibt dir gar keine – da passiert schlichtweg nichts. Vertane Chance.
Wenn dir (wie mir so oft) immer noch der Anreiz fehlt, dich ans Werk zu machen, gibt’s hier meine drei Lieblingstipps.
Pro und Contra Liste
Was ist das allerschlimmste mögliche Resultat, wenn du das Projekt jetzt angehst? Wie wahrscheinlich ist dieses Resultat? Was spricht sonst noch gegen dein Aktivwerden? Und was spricht dafür? Du fühlst dich besser, weil du es endlich angegangen bist. Beim nächsten Mal wird es vielleicht sogar leichter, weil du deine Hemmschwelle schon einmal überschritten hast. Was ist das bestmögliche Resultat? Wie wahrscheinlich ist es im Vergleich zum schlimmsten? Ich möchte wetten, dass du mehr Pro-Punkte finden wirst.
Fünf Minuten hat jeder
Schon in meinem Studium hat mir dieser Ansatz immer geholfen. Fünf Minuten wirst du Zeit finden, fünf Minuten lang kannst du Netflix pausieren und lernen. Und aus den fünf Minuten werden dann schnell zehn Minuten (wenn ich schon mal dran bin), aus den zehn dann zwanzig oder dreißig und dann erscheint dir eine weitere halbe Stunde auch nicht mehr so hart. Wenn du doch eh schon dran bist. Und wenn du nach fünf Minuten wirklich absolut keine Lust mehr haben solltest, hast du immerhin fünf Minuten was gemacht – besser als gar nichts.
Schau dahin, wo es wehtut
Zugegeben, das hier ist kein Quick Fix, sondern mühsamer. Aber umso lohnender. Konfrontiere den Grund für dein Verhalten. Warum scheust du dich so sehr davor? Manchmal sind die Gründe leicht zu entdecken und es gibt Lösungen, die vielleicht nicht unbedingt bequem, aber machbar sind. Wenn du nach der Arbeit zu müde bist, mach vor der Arbeit Sport oder geh in der Mittagspause spazieren. Das ist vielleicht unschön, aber wenn du weißt, dass deine Erschöpfung nach der Arbeit nicht so schnell verschwinden wird, muss ein anderes System her. Das System muss für dich funktionieren, nicht du für das System. Sind die Gründe aber komplexer oder du weißt nicht so genau, wo die Ursache liegt, musst du tiefer graben. Tausche dich mit engen Bekannten aus oder zwing dich für eine halbe Stunde (kein Fernseher, kein PC, kein Handy!) mit dir selbst allein zu sein. Nimm dir Stift und Block und schreibe ganz frei runter, was dich blockiert. Ein Beispiel: „Ich möchte an meinem Blog arbeiten, aber gleichzeitig fühle ich mich jedes Mal überfordert, wenn ich dran denke, mich vor meinen Laptop zu setzen und weiß nicht, wie ich anfangen soll…“. Das muss kein Roman werden und bei Weitem nicht für andere verständlich sein – du sollst einfach ohne zu überlegen drauflos schreiben (oder reden!).
Manche Probleme sind noch tiefgehender. Depressionen oder Burnout beispielsweise. Ich bin ohnehin der Ansicht, dass mehr Menschen Therapie in Anspruch nehmen sollten. Aber ganz besonders, wenn du vermutest oder weißt, dass deine Blockade einen solchen Ursprung haben könnte, dem du dich allein nicht gewachsen fühlst – such den Kontakt zu einem Profi.
Solche Tipps bewirken keine Wunder und sonderlich originell sind sie nicht – aber sie funktionieren. Dieser Post kam gerade dank Tipp Nummer 2 zustande. Das sind Techniken, die man trainieren kann und dir helfen, eine andere Perspektive einzunehmen. Je öfter du sie anwendest, desto einfacher wird es. Das erfordert Arbeit. Aber wenn du erwartest hast, dass hier ein Zaubermittel auf dich wartet, müssten wir nochmal ernsthaft miteinander reden.
Also auf geht’s. Fang an – wenigstens für fünf Minuten.